Weiter gehts
Ein Tag am Strand
1400 Stunden, 20. Oktober 2552
(militärischer Kalender)
Pelican Bravo 306
Achtung: Raster Kilo-Zwo-Drei ist heiß. Empfehle Abbruch der Mission."
"Roger, Ende. Sie sind dran, Sarge."
"Dann mal los. Bereitmachen, Marines!"
"Ihr habt’s gehört, Jungs", rief Sergeant Pete Stacker, als er aus dem Cockpit von Bravo 306 zurück in den Laderaum kam. "Zeit für ’ne Gefahrenzulage."
Die Orbital Drop Shock Troopers, auch ODSTs genannt, entsicherten allesamt ihre Kampfgewehre.
Privat O’Brien schlug seine Faust gegen die Innenseite seiner Handfläche und klopfte dann seinem Nachbarn gegen die Schulter. Bald wird wieder Covi-Blut fließen.
"Noch dreißig Sekunden, warten bis ...Hey."
Der Scarab der Allianz tauchte auf und griff die drei Pelicans an. Das Sekundärgeschütz, auf dem Dach des Kampfläufers traf das Triebwerk von Bravo 306, als dieser an dem Scarab vorbei zog.
"Scheiße", fluchte der Pilot. "Die haben uns voll erwischt. Ich kann den Vogel kaum unter Kontrolle halten." Der Pelican zog über die Häuser hinweg und schleifte eine pechschwarze Rauchsäule hinter sich her.
Die Leuchtschrift von Hotel Zanzibar war erloschen. Nur noch die Sonne schimmerte hell in den großen Buchstaben über den Eingang. Es war ein nahezu schöner Tag auf diesen verabscheuungswürdigen Planeten. Das fand jedenfalls der junge Sangheili-Krieger ’Kolimee.
Die ganze Zeit über waren er und seine kleine Einheit (zwei Unggoy und ein Kig-Yar) keinem einzigen Menschen begegnet, seit ihr Commander gefallen war. Der Gudili-Krieger hatte es satt, die ganze wertvolle Zeit nur abzuwarten. Er wollte eigentlich Kämpfe bestreiten und ruhmreiche Beförderungen erleben - wo er im Rampenlicht stand. Aber nein. Man hatte ihn hierher verfrachtet, wo anscheinend jedes geeignete Opfer evakuiert worden ist.
’Kolimee wurde aus seinen Gedanken gerissen, als ein Landungsschiff der Menschen über ihn hinweg flog. Es zog eine dicke Rauchwolke hinter sich her. Sicherlich würde es bald abstürzen und hoffentlich gibt es auch Überlebende - für einen Kampf.
"Los, Bewegung", brüllte ’Kolimee. "Diese Menschen kaufen wir uns!"
Die beiden Unggoy und der Kig-Yar, die eben noch gelangweilt dagesessen waren, sprangen auf und folgten ihrem Anführer. Endlich würde also doch noch Abwechslung in die Routine kommen, dachte sich der Gudili hoffnungsvoll.
Der Pelican zog um ein Hotel herum und erreichte den Strand. Das Triebwerk des rechten Tragflügels von Bravo 306 entflammte und gab den Geist auf. Augenblicklich wurde der Pelican steil nach unten in Richtung Sandstrand gezogen - in einem zu steilen Winkel und zu viel zu schnell.
"Verdammt, wir schmieren ab!", fluchte der Pilot, als der Pelican auch schon hart auf den Strand aufschlug und eine Welle aus Sand vor sich her schob.
Rauchend blieb der Vogel liegen.
Rote Warnlampen blinkten auf und Funken spuckten im Pelican umher. Sergeant Stacker hustete. "Status?", bellte er keuchend.
"Sir", meldete sich Privat Mike Budd. "O’Brien hat’s erwischt." Er fühlte den Puls des Soldaten, fand aber keinen.
Privat Nathan Walpole sah ins Cockpit. Die Scheibe war gesprungen und Blut klebte daran. Die Piloten mussten beim Aufprall dagegen geschleudert worden sein.
"Unsere Piloten sind auch tot", berichtete er.
"Nehmt ihre Marken und Munition", befahl Stacker. Die ODSTs taten wie ihnen geheißen wurde und sammelten alles Brauchbare ein - sowie die Hundemarken der gefallenen Kameraden.
"Sarge", sagte John Butkis, der draußen vor dem Pelican das Gebiet sondierte. "Wir sollten hier nicht rum stehen."
"Stimmt", pflichtete Stacker ihm bei. Die große Rauchsäule, die vom Pelican aufstieg, würde sogar ein blinder Jackal finden. Er wies auf die vielen Hochhäuser, am Ende des Strandes. "Wir finden bessere Deckung in den Gebäuden. Butkis, Sie gehen voran."
’Kolimee erreichte mit seinem Trupp die Hinterseite des Hotels. Eine dicke Rauchsäule stieg vom Strand aus empor. Ein perfekter Wegweiser.
Er fand sich vor einer höher gelegenen Straße wieder. Sie war eingestürzt und überall lagen Trümmer herum.
Gut, dachte er,
dann mangelt es wenigstens nicht an Deckungsmöglichkeiten.
"Los, da runter", befahl er. Die beiden Unggoy sprangen den Absatz hinab und liefen zu einer schützenden Säule. Der Kig-Yar, der mit einem Strahlengewehr ausgestattet war wollte ihnen folgen, doch der Sangheili hielt seine Hand vor und wies den Kig-Yar an, stehen zu bleiben.
"Nein", sagte ’Kolimee und wies auf die eingestürzte Häuserwand des Hotels (es war immerhin ihr Werk, als sie hier gelandet waren). "Geh da hoch. Da bekommst du die besser ins Ziel."
"Von mir aus", entgegnete der Kig-Yar etwas desinteressiert und kletterte auf eine hochgelegene Position.
Die vier Marines erreichten die Trümmer der eingestürzten Straße und gingen hinter einen umgeworfenen Betonklotz in Deckung.
Sergeant Stacker gab Butkis ein Handzeichen, das er vorrücken soll. Butkis nickte, hob sein Gewehr und verließ die Deckung. Sofort als er sich den Gebäuden zuwandte schoss ein pinker Strahl an ihm vorbei. Sogleich sprang er wieder zurück hinter den schützenden Wall.
"Hallo", sagte er erschrocken und wandte sich an Walpole. "Beschuss, dritter Stock links."
Privat Walpole holte grinsend sein S2-AM- Scharfschützengewehr heraus, auch wenn man hinter dem getönten Visier eines ODST keine Mimik sehen konnte. "Ich geb ihnen meinen Willkommen-auf-der-Erde-Geschenkkorb", sagte er und sprang vor den Betonklotz.
Der Jackal schoss, verfehlte den ODST aber um Zentimeter. Dieser legte in weniger als einer Sekunde an und schickte ein 14,5mm-Projektil auf die Reise. Ein Schuss, ein Treffer - mitten in den Kopf des Jackals.
Der Durchschuss warf seinen Kopf nach hinten. Vom Leben verlassen, stürzte der schlaffe Körper mit seinem Scharfschützengewehr vom dritten Stock in die Tiefe.
Budd bemerkte weiter oben noch zwei Grunts, die sich dort verängstigt aufhielten. Der ODST warf sofort eine Splittergranate nach ihnen. Sie flog hoch durch die Luft und prallte gegen eine Steinsäule und verfehlte ihr Ziel nur knapp.
Aber vielleicht war sie ja nahe genug, um sie wenigstens noch zu erwischen. Irgendwie.
Mit erhobenen Waffen rückte der Trupp vor.
Der Kig-Yar klatschte direkt vor den Unggoy auf dem Boden auf. diese schrieen gemeinsam entsetzt auf, ließen ihre Waffen fallen und begannen wegzulaufen. Sie legten verängstigt einen Zahn zu, als hinter den beiden noch eine Splittergranate detonierte. Ihre unkontrollierbare Panik war kaum zu beschreiben.
Panisch hupften und kletterten sie den Absatz wieder hoch und rannten an den Sangheili vorbei.
Wütend über die mangelnde Disziplin in seiner Einheit, packte ’Kolimee einen der Unggoy an der Kehle und hob ihn hoch, sodass sie auf gleicher Augenhöhe waren. Der Unggoy ließ einige erstickende Laute von sich hören und griff verzweifelt nach der Hand des strengen Anführers.
"Ihr verdammten, feigen Unggoy", knurrte ’Kolimee. "Ihr seid eine Schande für die Allianz." Er warf den Untergebenen einfach weg, als wäre er bloß ein Stück Müll, das keinen Zweck mehr erfüllte.
Wenn man nicht alles selber machen muss, dachte ’Kolimee erzürnt und aktivierte seine aktive Tarnung, deren Systeme er aus der Rüstung seines toten Meisters entwendet hatte.
Seine äußeren Umrisse verschwammen bereits, während der Krieger den Absatz hinab sprang, den die feigen Nichtsnutze soeben hinter sich gelassen hatten.
Die Höllenspringer schritten langsam mit erhobenen Waffen voran. An der Spitze der Formation lief Butkis, denn er hatte die beste Weitsicht. "Hey", sagte er verwirrt, als er etwas Verschwommenes in der Luft bemerkte, das auf ihn zu kam. Eine weiß schimmernde Plasmaklinge erschien vor ihm und holte zum senkrechten Schlag aus.
Butkis sprang zurück und so traf das Partikelschwert nur das Kampfgewehr des Marines. Der Marine schlug auf dem Boden auf und entdeckte neben sich eine fallen gelassene Plasmapistole, die er aufhob.
Wieder auf den Beinen suchte er nach einem Ziel, doch die seltsame Klinge war wieder verschwunden.
"Verdammt, wo ist er?", fragte Sergeant Stacker konzentriert und sondierte die Umgebung mit seinem Kampfgewehr ab.
Irgendwo hier muss dieser Elite stecken, dachte er.
Walpole hielt sein BR55 im Anschlag. "Hat sie jemand gesehen?", fragte er.
Ein kleiner blauer Komet flog durch die Luft. So sah es jedenfalls aus. In Wirklichkeit war es eine Plasmagranate, die gegen den Helm von Privat Budd flog und daran festklebte. Hastig riss sich Mike den Helm vom Kopf und schleuderte ihn stöhnend von sich von weg.
Der Helm mit der Granate flog zu einem Mauervorsprung hoch. Die Plasmagranate explodierte in einem blauen Blitz und ein Elite kam daneben zum Vorschein. Die Explosion hatte seinen Tarngenerator beschädigt. Und da dieser immense Energie benötigte um zu funktionieren, musste der Schutzschild deaktiviert werden folglich stand der Elitekrieger nun hilflos und ohne Schild da.
’Kolimee sprang den Absatz hinunter und packte sich blitzschnell Privat Walpole. Er legte seinen linken Arm um den Hals des Marines und aktivierte mit dem anderen sein Partikelschwert.
Er musste die ODSTs so lange in Schach halten, bis sein Schild wieder aufgeladen war. Wenn die Menschen auch nur eine falsche Bewegung machen, dann würde seine Geisel im wahrsten Sinne des Wortes, den Kopf verlieren.
Die Marines richteten ihre Gewehre auf den Eliten. Doch dieser brüllte nur drohend auf und hielt Walpole die Klinge an die Kehle. Butkis lud seine Plasmapistole auf, so dass eine leuchtende grüne Plasmakugel davor erschien.
Walpole griff nach dem Unterarm des Eliten und versuchte sich aus dessen Griff zu befreien. Gegen die stahlharten Muskeln eines Eliten hatte der ODST jedoch keine Chance.
"Schnappt ihn, Jungs", keuchte er. Der Elitekrieger hielt immer noch drohend das Schwert in der Hand. Fluchend sprach er irgendetwas in seiner Sprache. Laut den Feldaufzeichnungen des UNSC dürften Eliten wie dieser gar kein Partikelschwert benutzen. Das taten nur hochrangige Eliten. Ein weiterer Beweis dafür, dass man nicht immer konsequent nach den Aufzeichnungen arbeitete.
"Grillt den Kerl", befahl Stacker und Butkis wusste genau war er zu tun hatte.
Er feuerte die glühend heiße Plasmakugel auf den Eliten ab. Sie traf ihn und ließ sein frisch aufgeladenes Schild zusammenbrechen. Sofort drückte Stacker den Abzug seines Kampfgewehrs durch. Ein gezielter Kopfschuss und ’Kolimee stürzte tot zu Boden.
Walpole sank auf die Knie und hielt sich schwer atmend die hand an die Kehle. Dieser Elite hatte wirklich einen festen Griff. Butkis half Walpole wieder auf die Beine.
Die Hand des toten Elitekriegers löste sich vom Griff des Partikelschwertes und die automatische Sicherung setzte ein: die Klinge erlosch.
"
Zweiter Squad, hier spricht Cortana. Wie ist Ihr Status? Kommen", kam eine Durchsage per Funk.
"Einsatzfähig, Ma’am", antwortete Stacker und trat wütend gegen den toten Eliten. "Einigermaßen. Unsere Piloten sind tot."
"Versteckt euch und bleibt dort, wir holen euch."
Nur zu gern befolgte Sergeant Stacker und sein Trupp diesen Befehl. Warum auch nicht?
1420 Stunden, 20. Oktober 2552
(militärischer Kalender)
in den Straßen Neu Mombasas
Der Master-Chief und die Marines erreichten die LZ, von der Victor 226 gesprochen hatte. Es handelte sich dabei um eine Autobahn. Auf der gegenüberliegenden Seite führte eine Gasse in die Altstadt der Metropole. Schwere Erschütterungen oder Explosionen hatten die Hauptstraße in die unteren Ebenen hineinstürzen lassen. Am einfachsten erklärte sich die Situation, wenn man sich die Wesen auf der gegenüberliegenden Straßenseite ansah. Wohlmöglich waren weder eine falsche Bauweise, noch Fehler in der Konstruktion die Ursache für den Einsturz; sondern einfach die Tatsache, dass sie von den Wesen
gesprengt worden war.
Eine Pelicanlänge entfernt, warteten drei Jackals auf die Marines. Dahinter auf einem Absatz stand sogar ein Jackal mit einem Scharfschützengewehr.
Höchste Zeit für die Soldaten einen typischen Spruch abzulassen. "Schlimmer als Jackale sind nur Jackale mit Scharfschützengewehren." Ja ... genau. Jedenfalls stellten sie keine wirkliche Bedrohung von sicherer Entfernung aus dar, außer der Scharfschütze natürlich.
Mittels Johnsons S2-AM- Scharfschützengewehr waren sie im Nu erledigt, wobei ihre allgegenwärtigen Armschilder ihnen zunehmend Probleme bereiteten. Nach getaner Arbeit vernahm der Chief ein Dröhnen in der Luft. Der Pelican kam angeflogen. Gerade zur Rechten Zeit, denn zwei weitere Jackale kamen aus der Gasse angerannt. Es war schon fast lächerlich, wie die beiden versuchten mit ihren Plasmapistolen gegen das schwere Heckgeschütz anzukommen, dass am Pelican angebracht worden war.
Der Schütze schoss sie gnadenlos nieder. Der Pelican ging tiefer und zwei Marines als Verstärkung sprangen heraus.
Der Chief kam ihnen entgegen. Er kletterte über die Trümmer der Autobahn und erreichte das Landungsboot.
"Sergeant ich brauch Sie auf diesen Vogel", meldete sich Commander Keyes Stimme aus den Lautsprechern (wieder über Funk, da sie ja noch auf der In Amber Clad war).
"Ma’am?", sagte Johnson verwundert.
"Meine Pelicans bringen Rüstung und Verstärkung in die Stadt", erklärte Keyes.
"Die brauchen tauglichen Geleitschutz."
"Verstanden, ich kümmer mich drum", bestätigte der Sergeant. Er drehte sich zum Master-Chief um und salutierte kurz. Naja, es war vielmehr ein Abschiedsgruß als ein Salut. "Chief, viel Glück", sagte er und stieg in den Pelican.
Der Chief erwiderte die Geste und sah zu wie das Landungsboot in dem Dschungel aus Hochhäusern verschwand.
Nun waren er und die drei Marines wieder auf sich alleine gestellt. Tief durchatmend steckte er ein neues Magazin in sein Scharfschützengewehr und betrat die schmale Gasse, dicht gefolgt von den drei Marines.
Die Gasse war klein, aber immerhin groß genug, dass beispielsweise ein Warthog hätte hindurch fahren können. Der Weg bog erst nach rechts und dann wieder nach links ab. Vorsichtig spähte der Master-Chief um die Ecke. Was er zu Gesicht bekam gefiel dem Spartaner überhaupt nicht.
Sofort zog er den Kopf wieder zurück und wies die Marines mit ein paar klar verständlichen Handzeichen an, dasselbe zu tun. Niemand sagte etwas.
Auf der anderen Seite war ein Jackal gewesen - ein Scharfschütze. Er patrouillierte völlig gelassen von einer Straßenseite zur anderen. Wenn ein Jackal sich in Feindesgebiet so ruhig verhält, dann waren weitere Jackals sicher nicht weit weg.
Trotz der eben erklungenen Kampfgeräusche, war das Reptil ruhig und gelassen und machte nicht den Eindruck, als würde es jeden Augenblick wild um sich feuern. Sich zu sehr an die Kampfgeräusche zu gewöhnen, die um einen herum erklangen war unachtsam - sogar gefährlich.
Die Marines schenkten dem Master-Chief dennoch fragende Blicke. Dieser zeigte auf den toten Jackal, der auf dem Absatz lag. Dann wies er mit der einen Hand in Richtung "Scharfschützen-Gasse" und mit der anderen machte er ein Zeichen, das sagen sollte, dass mehr als nur einer dort waren.
Die Marines begriffen sofort um was es sich handelte. Russel rollte mit den Augen. Offenbar war eine Meute Scharfschützen das Letzte, womit er es zu tun haben wollte.
Der Chief hob sein S2-AM an und spähte wieder um die Ecke. Niemand schien ihn zu bemerken. Der Jackal stand nun mitten auf der Straße, mit dem Gewehr locker in der Hand. Ohne langes Zögern an den Tag zu legen schoss der Spartaner dem Jackal direkt in den Schädel.
Blut spritzend knallte der Scharfschütze auf den Asphalt.
Etwa fünfzig Meter weiter hinten bog die Straße abermals nach links ab. So war es heute Morgen noch der Fall gewesen - bevor die Allianz gekommen war. Die Allianz-Truppen hatten wahrscheinlich einen Teil der Kanalisation gesprengt und die Straße war drei Meter tief eingebrochen. Einen Teil der Hauswand hatte sie dabei mitgenommen (die sozusagen gegenüber dem Chiefs war). Somit konnte man mitten in die einzelnen Etagen des Hauses hinein sehen.
Und aus diesen Etagen, sowie von einem Dach auf der rechten Straßenseite kamen zwei, nein drei, drei pinke Energiestrahlen auf den Chief zugeflogen und verfehlten ihn nur um haaresbreite. Dieser hielt es für besser schleunigst wieder in Deckung zu gehen, bevor die Jackals zu zweiten Schuss ansetzen konnten.
Jetzt wussten sie immerhin, dass er hier war. Und er wusste immerhin wo sich die drei Jackal verbargen, denn der beschleunigte Partikelstrahl aus dem Scharfschützengewehr der Jackals hatte auch einen Nachteil: er zeigte die ungefähre Position des Schützen an.
Geschwind überprüfte er abermals seine Waffe. Es waren noch drei Kugeln im Magazin. Es könnte klappen. Geschwind beugte sich der Chief um die Ecke und schoss auf die beiden Jackals in den dunklen Häuserecken. Dieser erwachten in den Schatten zum Leben, nur war John schneller als sie und sorgte dafür die die Statistik um zwei weitere Zahlen bereichert wurde. Darauf folgend ging er in die Hocke und erledigte den Scharfschützen auf dem Dach. Zurück hinter der sicheren Ecke lud er sein Gewehr nach. "Los, Marines!", bellte er und die drei Marines griffen die Feinde an. Momentan war noch nichts in der Gasse zu sehen. Bis ein Schwarm Drohnen für neue Ziele sorgte.
Wieder einmal kamen sie von den Dächern aus angeflogen. Einige von ihnen klammerten sich an die rauen Häuserwände und schossen von dort aus.
Während die Marines auf die umher schwirrenden Drohnen schossen, bemerkte der Master-Chief einen weiteren Jackal. Mal wieder. Er kam hinter einer Frachtkiste hervor. Der Außerirdische nahm die Marines ins Visier. Der Chief brachte das Fadenkreuz genau am Kopf des Jackals an, als etwas im Sichtfeld des Spartaners aufflimmerte. Er drückte ab und die 14,5mm-Kugel verließ krachend den Lauf des Gewehrs in Richtung Jackal. Doch auf halber Strecke stoppte sie apruppt und direkt zwischen den Spartaner und dem Jackal kam eine tote Gestalt mit zwei Plasmagewehren zu Vorschein. Sie hatte einen Tarngenerator besessen. Ihr Pech.
Der Jackal starrte noch immer irritiert auf den toten Kommandanten und fing sich zur Strafe für seine Unachtsamkeit einen Kopfschuss ein.
Der Spartaner feuerte noch auf zwei Drohnen und lud nach. Mit dem jetzigen hatte er nur noch zwei Magazine für sein Scharfschützengewehr parat.
"Woher wusstest du, dass dort ein Elite war?", fragte Cortana beeindruckt.
"Ich hatte keine Ahnung", gab der Chief ehrlich zu. "Das war reiner Zufall."
"Deine Glücksträne hört wohl nie auf, was?", fragte die KI mit einem leichten Kichern in der Stimme.
"Hoffen wir mal, dass sie weiterhin anhält", korrigierte John.
Er kam wieder um die Ecke hervor und sah gerade noch wie ein in Panik geratener Marine auf eine Stelle in der Luft feuerte. Genau an dieser Stelle schwebte ein Partikelschwert. Noch ein Elite!
Ehe der Spartaner etwas dagegen unternehmen konnte, schlitzte die Plasmaklinge des Eliten die Brust des Marines auf. Der Marine bekam nicht einmal die Gelegenheit zum schreien, als er auch schon tot war.
Der Chief machte sich erst gar nicht die Mühe zu zielen, sondern feuerte einfach wütend auf die verschwommene Stelle in der Luft. Eine Kugel verfehlte ihr Ziel, die anderen beiden schlugen in den Oberkörper des Feindes ein. Schreiend ging der Elitekrieger zu Boden und verblutete.
Der Master-Chief nahm sein Kampfgewehr und schoss auf die restlichen Drohnen. Sie waren schwer ins Ziel zu fassen, wegen ihrer hohen Beweglichkeit. Aber in den engen Gassen besaßen die Insekten nur wenig Handlungsspielraum.
Ein Marine schrie auf, als sein Nachbar von einem pinken Strahl durchbohrt wurde und sprang hinter einen Müllcontainer in Sicherheit. Der Master-Chief blickte sich um und fand einen Jackal auf dem Dach eines links gelegenen Hauses.
Hört das denn nie auf?, fragte sich John wütend. Der Jackal setzte zum nächsten Schuss an, wurde aber von dem Kampfgewehr erwischt und fiel kreischend vom Dach herunter. Sein angsterfülltes Geschrei verstummte, als er auf den harten Beton aufschlug.
Aus einer Gasse, links von der Straße, die in die Altstadt führte, kamen zwei weitere Jackals heraus gerannt. Glücklicherweise ohne Scharfschützengewehre, dafür aber mit den handelsüblichen Energieschilden am Arm.
Jetzt reichts, dachte sich der Spartaner. "Ich hab allmählich die Schnauze voll von euch!", rief er und schleuderte eine Splittergranate hinter die Schilde des Duos. Sie versuchten noch wegzurennen, schafften es jedoch nicht rechtzeitig und wurden von der Granate mit in den Tod gerissen.
Nun endlich war die Straße hier gesichert. Und wieder hatte der Chief nur noch
einen Marine hinter seinem Rücken. Es war entsetzlich. Es wunderte ihn schon fast, dass es ausgerechnet Privat Russel war, der es geschafft hatte. Der Mann musste mehr Glück als Verstand haben.
Die Straße war an der Stelle der Linkskurve einfach zu tief eingestürzt, als dass man sie hätte passieren können. Der einzige Weg führte durch weitere schmale Gassen. Es war nicht gerade die beste Möglichkeit, aber es musste reichen.
Doch die vielen Jackals hatten den Master-Chief zur Vorsicht ermahnt. Sachte blickte er hinter einer Häuserwand in die Gasse. Als hätte er es nicht anders erwartet, fand der Chief am Ende der Gasse eine weite Straße. Ein mittelgroßer LKW stand mitten dort und davor ... zwei Jackalscharfschützen.
Er fragte sich wie vielen er wohl noch begegnen würde, bevor er das zweite Squad erreichen würde.
Der vordere Jackal schoss. Doch nicht auf den Chief, sondern auf Russel. Das Biest traf den Mann mitten in den Kopf. Er hatte nicht einmal den geringsten Hauch einer Chance. Der Energiestrahl, der aus dem Gewehr austrat ließ das Gesicht des Jackals in der dunklen Gasse gespenstisch aufleuchten. Bis es wieder eins mit den Schatten wurde.
Der Chief versuchte sich zu beruhigen, zielte mit dem Scharfschützengewehr und drückte ab. Ein Glück, dass die beiden Jackals hintereinander standen. Denn so wurden sie beide gleichzeitig erledigt.
Jetzt hatte der Master-Chief nur noch ein einziges Magazin für sein S2-AM.
Ein blau gepanzerter Elitekrieger kam um den LKW herum und feuerte auch schon mit seinem Plasmagewehr. Ehe er zu weiteren Plasmasalven kam, fing sich der Elite einen Treffer in der Kehle ein. Röchelnd sackte er zu Boden.
Stille kehrte in die Gassen zurück und nur das grausige Schaubild zeigte noch, was soeben geschehen war. Russels am Boden liegender Körper wurde bereits von einer tiefen Blutlache umringt. Davon ausgehend, dass das Gebiet sicher sei, senkte der Spartaner seine Waffe. Dennoch behielt er weiterhin den Bewegungssensor seines Helmes im Auge. Dabei legte er seine Waffe neben sich ab und begann nach der Hundemarke des Privats zu suchen.
Das Gesicht des Mannes zeugte noch immer von dessen Überraschung, kurz vor dem plötzlichen Ende. Beklemmt beschloss John die Hundemarke zu finden und dann weiter zu machen, bevor alles noch drunter und drüber ging.
Wider Erwarten fand er sie nicht um den Hals, sondern in einer der Taschen am Gürtel. Er steckte sie ein und zwang sic leise weiter zu gehen.
Mehrere Dutzend Kämpfe führten den Master-Chief durch Gassen, Straßen und Passagen, bis er endlich sein Ziel erreicht hatte: Hotel Zanzibar.
Vor dem Hotel, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, hatten sich zwei Grunts und ein Elite auf einem Schutthaufen nieder gelassen. Sie feuerten unablässig auf das Hotel ein. Die Glas-scheiben im Erdgeschoss existierten schon lange nicht mehr. Dafür kämpften vier ODST-Soldaten gegen die Allianz-Besat-zer. Die Marines vom zweiten Squad.
Der Chief nahm sein Scharfschützengewehr und erschoss ein-en Grunt, der die Plasma-MG bediente und die ODSTs mit sein-em Sperrfeuer immer wieder in Deckung zwang. Das Methan entwich durch das Einschussloch aus dem Tornister und ließ den Grunt ein paar Meter durch den Dreck rutschen. Man hörte noch ein paar erstickende Laute, dann war er still.
Der zweite Schuss galt dem Veteranen. Im selben Moment, als der Chief abdrückte, sprang der Elite zur Seite und entging so dem tödlichen Projektil.
Fluchend warf der Master-Chief das leere Gewehr zur Seite und zog stattdessen sein BR55-Kampfgewehr. Er kam aus der Deckung und feuerte auf den verwirrten Eliten. Nichtsdestotrotz erwiderte er den Angriff. Allerdings war die Panzerung eines Veteranen nicht stark genug um dem Dauerfeuer aus 9,5mm-Ku-geln standzuhalten.
Die Kugeln drangen in den Körper ein und trafen irgendetwas lebenswichtiges, denn der Elite fiel schreiend in seine eigene Blutlache.
Der letzte Grunt suchte panisch das Weite. Eine kurze Feuer-salve aus der BR des Chiefs und der Ausflug des Grunts stoppte.
"Chief, gut dass Sie kommen konnten", meldete sich Sergeant Stacker erleichtert, als der Master-Chief den Foyer des Hotels betrat. "Die Absturzstelle ist jenseits dieses Hotels, Chief. Hier wimmelt es von Allianz. Folgen Sie mir!" Stacker drehte sich um und lief zusammen mit dem Chief und den ODSTs durch den Hotelflur.
Der Chief hob noch zwei, auf dem Boden liegende, SMG auf, bevor er den dunklen Flur betrat. Die Stromversorgung schien defekt zu sein, denn die Lampen im Korridor flackerten ständig auf und spendeten nur wenig Licht. Die Türen am Flur waren al-lesamt aufgebrochen wurden und Einrichtungsgegenstände lagen überall herum. Der Korridor führte auf der anderen Seite des Hotels nach draußen, auf eine Straße zum Strand.
Eine kleine Gruppe Allianz-Soldaten kam dem Trupp entgegen. Der Chief feuerte sofort mit beiden SMGs gleichzeitig. Die ODSTs unterstützten ihn dabei und sorgten dafür, dass der Kampf nicht mehr als ein paar Sekunden andauerte.
Man konnte schon den Rauch sehen, der vom Stand aus empor stieg. Eine dicke tiefschwarze Rauchsäule stieg von Bravo 306 gen Himmel. Direkt daneben kam ihnen ein Objekt in der flimmernden Luft entgegen. Als es näher war erkannte man die typischen Konturen eines Phantoms.
Es kam näher heran geflogen und eröffnete das Feuer, auf die im Hotel Schutz suchenden Marines. Über eine kleine Fußgängerbrücke, die über eine tiefer gelegene Straße führte, entlud der Phantom eine Hand voll Truppen. Er feuerte noch ein paar Sekunden auf den Hoteleingang und zog dann dröhnend ab.
Der Kampf entflammte erneut. Der Master-Chief schoss auf die, über die Brücke stürmenden, Gegner. Einer wollte doch tatsächlich eine Plasmagranate werfen. Butkis erkannte die Gefahr und knallte den Gassauger mit ein paar gezielten Schüssen ab. Der Grunt sackte zu Boden und ließ die entsicherte Granate fallen. Sie rollte kurz über den Boden, blieb stehen und detonierte dann drei Sekunden später.
Neben der Granate stand eine mittelgroße Allianz-Kiste, die ebenfalls mit auf der Brücke explodierte. Die Angreifer auf der Fußgängerbrücke wurden von einer blauen Plasmawolke umhüllt und verstummten. Als sich die Wolke wieder verzogen hatte, lagen nur noch zerfetzte Leichenteile am Boden. Daneben stand auch noch eine größere Allianz-Kiste (wahrscheinlich für Munition). Doch diese wies nur ein paar Kratzer auf. Das war eben gute Allianz-Wertarbeit.
Erleichtert wollte der Chief weiter in Richtung Strand marschieren, als er aus den Augenwinkeln heraus etwas bemerkte. Eine Bewegung links von ihm. Hinter eine der Steinsäulen.
Mit erhobenem Kampfgewehr ging der Spartaner auf die Säule zu - vielleicht war es ja auch nichts. Oder es war eine Falle. Doch zur Erleichterung des Trupps waren es nur zwei kleine, verängstigte Grunts, die panisch aufschrieen und gleichzeitig ihre Waffen hoben - bevor der Master-Chief sie verstummen ließ.
Nun war es endlich mal wieder still. Es war richtig erleichternd nichts als den Wind und das Meer zu hören. Dann jedoch vernahm der Chief laute Motorgeräusche und das charakteristische Stakkato eines LAAG-Geschützes.
Kurz darauf war eine Explosion zu hören und das Geschütz verstummte. Ein Warthog fuhr auf der Straße entlang. Der Fahrer brachte ihn zum stehen und blickte zu dem Chief und dem zweiten Squad hoch. "Sonderlieferung, von Commander Keyes, Chief", sagte der Fahrer gut gelaunt.
Der Chief legte ein Lächeln auf. Commander Keyes sorgte ausgiebig für genügend Nachschub - egal wo.
Der Master-Chief schulterte sein Gewehr und kletterte die Trümmer zur Straße hinab. Rechterhand fand er ein qualmendes Ghostwrack, welches die Marines abgeschossen hatten. Das dreiläufige Geschütz des Fahrzeugs rauchte sogar noch ein wenig aus dem Lauf hinaus.
Der Marine rutschte auf den Beifahrersitz und der Chief stieg ein. Vorsichtig fuhr der Spartaner den Schutthaufen der zerstörten Straße hinunter. Jetzt sah man auch den Pelican Bravo 306, der beim Absturz eine tiefe Schneise im Sand hinterlassen hatte.
Der Beifahrer stemmte sich noch einmal aus dem Fahrzeug hinaus und winkte dem zweiten Squad zu. "Keyes schickt noch ein Warzenschwein", rief er. "Geduld ist eine Tugend", fügte er grinsend hinzu, doch gestand er sich schnell ein, dass er bald wieder von Feindfeuer umgeben sein würde und dies auch nicht gerade das beste Los sei.
Das Allradfahrzeug erreichte den Strand und fuhr am Ufer entlang. Es sorgte für ein besseres Gefühl zu wissen, dass bald auch noch ein weiterer Warthog kommen würde - wie es der Beifahrer gesagt hatte.
"Man, ich liebe den Strand", sagte der Marine entspannt.
"Rein in die Badehose, Kumpel", lachte der andere Marine vom Geschütz aus.
"Schluss mit dem Tratsch", wies Cortana die Marines von den Außenlautsprechern der MJOLNIR-Panzerung zurecht.
"Wir stecken in Schwierigkeiten." Der Master-Chief sah wie die beiden Marines augenblicklich wieder ernst wurden. Aber der Beifahrer hatte immer noch ein leichtes Grinsen drauf.
"Die meisten Allianz-Truppen sind direkt unter dem Träger. Die wollen bestimmt nicht, dass du an Bord kommst", überlegte Cortana kühl.
"Tja, dann tut es mir leid ihre Prinzipien über den Haufen zu werfen", meinte der Master-Chief grinsend. "Wie kommen wir überhaupt schnell genug zum Ziel?"
"Diese Brücke ist der direkteste Weg ins Stadtzentrum", erklärte Cortana ruhig. Der Chief blickte hinüber und sah in einiger Entfernung die Silhouette einer riesigen bogenförmigen Brücke. Sie führte über einen siebenhundert Meter langen Wassergraben.
"Dann lasst uns mal auf den Weg machen", sagte der Spartaner, schaltete einen Gang höher und gab Gas.
Die vier einzeln aufgehängten Räder hinterließen tiefe Fahrtspuren im weichen Sand. Die Räder drehten durch, fanden dann aber im lockeren Sand Halt und kamen vorwärts. Der Warthog fuhr um eine leichte Biegung und sah sich schon wieder neuen Feinden gegenübergestellt.
Es ging weiter und der grausige Tod breitete erneut seine Arme nach dem Team aus.
Allein gelassen
währenddessen war im Hotel "Maribu"
die Lage nicht ganz so klar,
wie beim Militär
Auf den Fluren herrschte noch mehr Hektik, als sich Rick je ausgemalt hätte. Die wenigen Gäste die das Hotel beinhaltete rannten wild umher und einige kreischten vor lauter Angst.
Die Angestellten versuchten vergeblich die Leute zu beruhigen, doch ihre fortlaufenden Bemühungen waren weiterhin von geringem Erfolg gekrönt.
"Das kommt dabei heraus, wenn man einen Bürgermeister wie Embrey wählt", keuchte ein Gast, der nur knapp an Rick und Beth vorbei lief. Er war Mitte vielleicht auch Ende vierzig und hatte eine Halbglatze. Seiner einfachen Bekleidung nach zu urteilen, war er ein gewöhnlicher Gast, der nach einen Grund für all das hier suchte.
Rick zuckte mit den Schultern. "Was hat denn der Bürgermeister damit zu tun?", fragte er.
Der Mann mit der Halbglatze, sein Name war David Harris, drehte sich um. "Na der hätte bessere Evakuierungsmaßnahmen ergreifen müssen."
Dann war David auch schon wieder verschwunden, als er die Treppe erreichte. Rick seufzte. Es war zu leicht die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben.
Er nickte in Richtung Treppe, da die Fahrstühle ausgefallen waren. "Gehen wir da lang. Hast du alles?"
Beth zeigte auf den Rucksack, den sie sich auf den Rücken geschnallte hatte, als sie ihr Apartment verließen. Als nun auch noch zwei Schiffe der Allianz heil in die Stadt gekommen waren, hatte Rick alles was wichtig war in einen Rucksack gepackt, um nicht durch zu viel Gepäck behindert zu werden.
Gerade als Rick den Flur voller Menschen durchqueren wollte, zog ihn Beth noch einmal zurück ins Zimmer. Verwundert darüber was sie wohl vorhatte sah er sie an, doch Beth hatte sich bereits wieder den Taschen auf dem Bett gewidmet.
Nervös wartete er mitten im Zimmer darauf, dass seine Freundin fertig wurde. Draußen auf den Fluren wurde das Getrampel leiser und entfernte sich langsam. Ohne es richtig zu bemerken wurde Rick immer unruhiger und begann schlussendlich auch mit in den Taschen zu wühlen.
"Wonach suchen wir eigentlich", fragte er schließlich.
"Ich hab‘s", jubelte Elizabeth fröhlich und hielt das eingerahmte Foto von sich und Rick zu ihrem ersten Jahrestag hoch.
Beth hatte es ihm geschenkt.
Für meinen Engel. Ich werde dich immer lieben.
- Elizabeth
Mit einem Nicken in Richtung Tür, packte Rick das Foto in den Rucksack und die beiden verließen ihr Apartment, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Draußen im Flur war keine Menschenseele mehr zu sehen. Geschweige denn konnte man etwas hören. Mit einem Mal wirkte das Dreisternehotel düster und geradezu ausladend. "Vielleicht sind sie längst alle fort", schlussfolgerte Beth zögerlich.
Rick sah sich um und steuerte dann auf die Treppen zu. "Weist du, was dann auf den Straßen los wäre?"
Immer zwei Stufen überspringend, rannten sie die Hoteltrappe nach unten in den Foyer. Dort war der gesamte Platz vor der Rezeption voller Hotelgäste, zusätzlich dazu musste auch noch die vollständige Belegschaft anwesend sein.
Viele der Leute riefen sich aufgeregt etwas zu - unter jenen Gästen erkannte Rick auch diesen David wieder, der sich fast am lautstärksten äußerte. Andere Gäste wiederum waren verängstigt oder blickten nervös von einer Ecke in die andere.
Am Hoteleingang - einer Wand aus Glasfenstern und einer breiten Drehtür - stand ein militärisch gekleideter Soldat und einer der Hotelangestellten, die sich bemühten die Menge zu beruhigen.
Der Soldat trug eine schwarze Rüstung. Neueste Panzerplatten schützten seinen ganzen Körper.
Naja fast den ganzen Körper, dachte sich Rick, als er ihn genauer betrachtete. Der Soldat hatte keinen Helm bei sich und einige der Panzerplatten seiner Rüstung schienen zu fehlen. War alles so schnell gegangen, dass er keine Zeit mehr gehabt hatte, sich seine Ausrüstung komplett anzulegen? Zudem trug er noch eine grüne Armeeweste über der Brustpanzerung und hatte sich eine Sergeant-Mütze, in derselben marinegrünen Farbe, wie die Weste voller Gegenstände, aufgesetzt. Beides schien irgendwie nicht in das Bild eines schwarz armorierten Soldaten zu passen. Seinem Gesicht nach zu urteilen musste er schon lange über die normale Dienstzeit hinaus sein.
Im krassen Gegensatz zu ihm stand einer der Hotelangestellten von "Maribu" daneben und versuchte mit erhobenen Händen die Leute zur Vernunft zu bringen.
Er trug die für das Hotel typische Kleidung: Schwarze Hosen, weißes Hemd und weinrote Weste darüber, zusammen mit einem Schlips und einem Namensschild.
Der Mann mittleren Alters strahlte, wie auch der Soldat, eine gewisse Autorität aus, was wohl unter anderem daran lag, dass ihm dieser Laden hier gehörte.
"Bitte, jetzt beruhigt euch doch endlich", rief der Hotelleiter in die Menge, als Rick und Beth den Fuß der Treppe erreichten und versuchten sich durch die Mauer aus Menschen zu arbeiten.
Nach mehreren erfolglosen Versuchen für Ruhe zu sorgen, begann der Militärtyp lauter zu werden. Viel lauter, wie Rick und die anderen feststellten. "Jetzt haltet mal für fünf Minuten die Klappe und lasst mich endlich zu Wort kommen!", bellte er.
Die Menge wurde leiser und verstummte. Selbst der sonst so lautstarke David gab keinen Ton mehr von sich.
"Also", begann der schwarze Soldat. "Ich bin Sergeant Spooner. Wie jeder von Ihnen mitbekommen hat, hat die Allianz die Erde gefunden und ist in dieser Stadt gelandet." Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und stand breitbeinig da. "Wir wissen nicht was sie hier wollen, aber wir versuchen mit allen Mitteln sie aufzuhalten."
"Wir müssen Ruhe bewahren und hier abwarten", führte der Besitzer des Hotels fort.
"Bitte was?", rief David aus der Menge heraus hervor. Sein wütendes Gesicht war rot angelaufen. "Wir sollen in diesem Loch hier bleiben und darauf warten, dass man uns abknallt? Das ist doch Wahnsinn!"
Sofort fiel im Sergeant Spooner ins Wort. "Der Verteidigungsminister der Stadt arbeitet bereits zusammen mit der UNSC an einem Evakuierungsplan, der bereits angelaufen ist", erklärte er. "Zuerst müssen wir herausfinden, wo sich die Feindschiffe aufhalten, bevor wir uns Gedanken machen können, ob es sich überhaupt
lohnt hier zu verschwinden."
Viele der Leute blickten ihn mit offenen Mund an. Die meisten deswegen, weil sie nicht viel von Verteidigungsminister Russel hielten. Entgegen den Befürchtungen von Rick, dass jetzt jeden Augenblick wieder David empört das Wort ergriff, rief ein anderer aus der Menge dem Sergeant entgegen und nahm so David die Gelegenheit.
"Aber es muss doch Evakuierungsmaßnahmen für
uns geben", beschwerte sich der Mann, namens Myron. Billy, der neben Myron stand stimmte ihm mit einigen anderen Gästen nickend zu.
Der schwarz gepanzerte Marine schüttelte den Kopf. "Begreift ihr es denn nicht?", fragte er verdutzt. "Glaubt ihr da draußen habt ihr eine Chance?"
"Hier drinnen ist unsere Chance noch geringer, wenn die Allianz die Stadt verglast!", rief Myron.
Um die Situation nicht weiter anspitzen zu lassen, meldete sich erneut der Hotelmanager zu Wort. "Lasst uns doch erst einmal nachschauen, wie die Lage draußen ist", schlug er ruhig vor. "Ollie", fuhr der Chef fort und suchte in der Menge nach einem kleineren Mann mit Brille und Lockenfrisur. Als er ihn fand zeigte er auf die Treppe. "Geh bitte nach oben, vielleicht siehst du von da aus die Schiffe. Schau wie weit sie weg sind."
"Geht klar, Bud", antwortete Ollie mit einer so ruhigen Stimme, die bewies dass er schon seit Jahren mit allen möglichen Situationen umgegangen sein musste, und verschwand die Treppe hinauf.
"Wenn ich mich recht erinnere", warf Beth in den Raum. "Dann ist der Große in dem St. Morians Park gelandet. Oder zumindest in der Nähe davon."
"Ja stimmt", bestätigte Rick um die Aussage seiner Freundin zu bekräftigen - und um nicht nutzlos in der Gegend herum zu stehen. "Wir haben ihn und den Kreuzer von unserem Balkon im siebenten Stock aus gesehen."
Spooner runzelte die Stirn und überlegte eine volle Minute lang. "Und der Kreuzer?", fragte er schließlich.
Schulterzuckend wandte Rick sich an seine Freundin Beth. Plötzlich kam er sich so unbeholfen vor. Noch vor kurzem war ihm das Zusammenpacken seiner und Beths persönlicher Sachen wichtiger gewesen, als das Beobachten der Allianz-Schiffe. Er kam sich vor wie in einer Prüfung und wusste die entscheidende Antwort nicht.
"Ich weis es nicht", sagte er, als auch Beth mit dem Kopf geschüttelt hatte.
Die Leute im Foyer, es waren nicht mehr als zwanzig, blickten nun von Rick und Beth zu Sergeant Spooner. Dieser blickte zu Bud, der wiederum sich nur hilflos umwandte.
Vom Treppenhaus aus waren schwere Schritte zu hören. Jemand hatte es verdammt eilig nach unten zu kommen. Schließlich erschien Ollie völlig aufgelöst in der oberen Etage des Foyers und atmete schwer.
"Große Probleme", keuchte er, während er die Treppe hinab hastete und beinahe wie eine Kugel hinuntergerollt wäre. "Das große Schiff ist hinter dem Fluss im Park", berichtete er. "Aber das kleinere Schiff…" Sein Gesicht war mittlerweile so rot angelaufen, das Rick vermutete, es könne im Dunkeln leuchten. "das kleine Schiff ist über dem Marktplatz ein paar Straßen weiter - hinter dem Hotel!"
Rick klappte der Unterkiefer herunter. Sie waren
hier. Nicht nur in der Stadt, sondern
richtig hier. Wie viele Spiegel musste man in seinem Leben zerbrochen haben, um so viel Pech zu haben?
Das panische Raunen ging zwischen den Hotelgästen umher. Vereinzelt hörte Rick einige Kinder weinen und, als hätte er es nicht anders erwartet, stimmte David in einen Ich-hab-es-euch-doch-gesagt-Monolog ein.
Zitternd ergriff Beth die Hand von Rick und drückte sie. Nervös blickte sie ihn an und wirkte beinahe so zerstreut und aufgeregt zugleich wie bei ihrem Ersten Mal. Ohne etwas zu sagen formte er mit den Lippen
alles wird gut.
"Die können jeden Moment durch die Tür kommen", rief Myron laut aus, was nun jeder dachte. "Wir müssen hier verschwinden, so lange wir noch können."
Um schneller die nötige Aufmerksamkeit zu erlangen packte Spooner Bud am Arm und zog ihn herum. "Haben Sie Stadtkarten im Haus", fragte er ernst.
"Haben wir", ertönte eine weibliche Stimme an der Rezeption. "Hier." Sie war über dem Gedränge und Geschreie der Menge kaum zu hören. Schließlich hatte sie sich durch die Menschenmasse durchgearbeitet und hielt einen Stapel Faltpläne in der Hand. Sallie, die junge Frau, hielt sie ihm hin und der Sergeant ließ sofort von Bud ab und nahm die Pläne. "Wir haben immer welche für Touristen an der Rezeption liegen", sagte sie.
"Nun ich denke die neuen Touristen in der Stadt werden sich für etwas anderes interessieren, als die Sehenswürdigkeiten", murmelte Spooner abwesend.
Immer noch vor Erschöpfung gequält kämpfte sich Ollie durch die Menge, gefolgt von Rick und Beth. Denn jeder Gast wollte nur noch eines: Raus aus dem Hotel und so weit wegrennen, wie es nur ging. Wenn die Allianz erst auf den Straßen war, wäre es für alle zu spät.
"Wenn wir sofort gehen", meinte Ollie. "Dann haben wir eine Chance. Sie haben einen Lift aufgebaut, aber bis jetzt war kaum jemand von ihnen auf den Platz zu sehen. Und es hat ihn auch noch keiner verlassen."
Der schwarz gepanzerte Sergeant nickte.
"Okay Leute", rief er und gewann erneut das Aufsehen der mehr als unruhigen Menschenmeute. "Hört jetzt alle auf mich, dann haben wir eine Chance hier lebendig wegzukommen." Spooner blickte für wenige Augenblicke in die Runde und war zufrieden darüber, dass ihm dieses Mal niemand mit Zweifeln entgegentrat, zumal er derjenige war, der die meiste Erfahrung in solchen Situationen besaß. "Wir werden mehrere Evakuierungsstationen anlaufen."
"Mehrere", warfen Billy und Myron verwirrt in den Raum.
"Ja", bestätigte Spooner. "Zwei um genau zu sein."
"Aber…", begann David misstrauisch, wurde jedoch von Spooner ignoriert.
"Wir müssen uns aufteilen. Zusammen bilden wir ein leichtes Ziel und wirken wie ein Magnet für diese Biester. Eine große feindliche Gruppe ist gefundenes Fressen - ein paar einzelne nur Munitionsverschwendung. Außerdem sind wir dadurch schneller unterwegs.
Der Verteidigungsminister hat mehrere Orte der Stadt, als Evakuierungszone vorgesehen.
Eine Gruppe wird den Hafen anlaufen, die andere die Sportarena. Das sind die mitunter einzigen taktischen Möglichkeiten ausgeflogen zu werden. Wir haben keine Aussicht einen Funkkontakt herzustellen, deshalb werden wir auf uns allein gestellt sein.
Wenn wir überleben wollen, wenn wir heil wegkommen wollen und dem Militär die Sache überlassen wollen, dann haben wir nur eine Chance. Wir müssen organisiert vorgehen. Wir müssen schneller sein, als der Feind und vorausdenken können.
Mit etwas Glück treffen wir auch auf einen Pelican, der uns helfen kann, oder einem Stoßtrupp der Marines. Mit den Stadtplänen hier", er hielt die Faltpläne in die Höhe, damit jeder sie sehen konnte, "kommen wir schneller voran."
"Warum steigen wir nicht alle in unsere Autos und fahren davon, anstatt hier große Reden zu schwingen, während die Allianz an die Tür klopft?", verlangte Davis zu wissen. "Dann wäre auch jeder auf sich gestellt."
"Fahrzeuge, große Ballungen von Überlebenden", zählte Sergeant Spooner auf. "All das wird die Allianz zuerst angreifen. Dann könnten wir auch genauso gut
hier bleiben."
Die Menge wurde nervös, selbst die sonst so ruhig wirkende Geschäftsmaske von Bud fiel ab und er trat hilflos von einem Bein auf das andere.
Nun wagte es keiner mehr, der anderen etwas gegen Spooner zu erwidern, weil jeder nun verstand, wie ernst und aussichtslos die Situation war. Rick hielt Beth immer noch fest an der Hand und hatte nicht vor, diese loszulassen. Er wollte sie nicht verlieren, um nichts in der Welt.
Und aus diesem Grund folgte er und die anderen dem Sergeant aus dem Hotel heraus in das grelle Licht der Nachmittagssonne. Wohlmöglich bestand nur diese eine Chance zu fliehen.
Das Schott wirkte einsam in dem dunklen Korridor. Er war leer, völlig leer. Ich einmal das Licht hielt sich in ihm auf. So haltlos war er. Doch das war nichts Ungewöhnliches. Das Schiff in dem er sich befand reiste häufig durch licht- und leblose Orte.
Das war nun vorbei. Denn es lag wie ein gestrandeter Wal in der Stadt der Menschen. Unfähig sich zu erheben und in die Lüfte zu entschwinden.
Kein Leben war im Korridor vorzufinden. Ab und an sprühten Funken quer durch die Gänge und erhellten diese abschnittsweise. Bis es wieder finster wurde und man die sprichwörtliche Hand vor Augen nicht mehr erkennen konnte - sofern denn jemand anwesend gewesen wäre.
Es ertönte ein Poltern und das einsame Schott am Ende des Ganges rührte sich. Unter normalen Umständen hatte sich das runde Schloss in der Mitte gedreht und die Türdrittel wären sanft in der Wand verschwunden. Unter normalen Umständen.
Nun ächzte die Tür und verstummte Sekunden später wieder. Einen Moment lang geschah nichts und der Gang hatte seine dunkle Ruhe zurückgewonnen.
Bis zu dem Augenblick, an dem der Mittelpunkt der breiten geschwungenen Tür zu glühen begann. Erst ganz leicht, dann wurde das Hitzezentrum heller und heller. Langsam wurde der lichtlose Korridor von dem Licht der schmelzenden Tür erhellt. Dennoch bewegte sich diese nicht.
Das Etwas, was die Tür zum Schmelzen bringen wollte, zog sich wieder zurück und das runde Schloss begann sich wieder abzukühlen. Mit einem lauten Zischen stachen jäh zwei weißglühende Energiespitzen links und rechts von der Tür durch.
Mit einem schweren Ächzen begannen die Spitzen sich im Uhrzeigersinn um das Schloss zu bewegen. Der Weg den sie hinterließen, war eine glühende Schneise deren gelbliche Farbe beinahe schon in ein grelles weiß überging. Als der Kreis vollendet war, fiel das kreisrunde Schloss auf das Deck und hinterließ ein gaffendes Loch.
"Ich bin fertig, Exzellenz", meldete der SpecOps-Sangheili, welcher die zwei Partikelschwerter in den Händen hielt.
Hinter ihm erschein eine weitere Kreatur, derselben Rasse. Diese schob sich mit ihrer goldenen Rüstung an der schwarzen des Schwertkämpfers vorbei und beäugte die Kunst, mit der dieser die Tür geöffnet hatte. "Ausgezeichnet", knurrte ’Ikarumee zufrieden.
Mit einem großen Schritt stieg der Schiffsmeister durch das glühende Schott. Sein Energieschild leuchtete auf, als ein Tropfen geschmolzenes Metall auf seiner Schulterplatte tropfte. Der Commander ignorierte sie und wandte sich an den SpecOps.
"Wir müssen die Hangars öffnen", befahl er in dem Wissen, dass sie dies von der Kommandobrücke aus nicht mehr tun konnten - dafür waren die Beschädigungen zu stark.
Der schwarz gepanzerte Sangheili deaktivierte seine Schwerter und ließ seinen boshaften Blick durch den leeren Korridor schweifen und traf die zurückblickenden Augen seines Anführers. "Ich werde alle noch verfügbaren Truppen in die Stadt entsenden, mein Lord", versprach er mit einem respektvollem Nicken. "Wir werden nicht eher damit aufhören, bis dieses Menschenloch erobert ist!"
Freut euch schon einmal auf das nächste Kapitel
"Auge der Propheten"!