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Ich werkle immer noch (mehr oder weniger) fleissig am "Erbe von Troy"
Da jetz Ferien sind, kann ich noch ein wenig weiterschreiben, ansonsten hab ich mir gedacht, nutze ich den Thread doch gleich, um noch schnell nen Teaser für Kapitel 2 zu posten. (Vllt sollte man sich das Erbe Kapitel 1 nochmal in Erinnerung rufen, bevor mans liest.
[CENTER][size=20pt]Woche 02[/SIZE]
HALT - MODULE CORE HEMORRHAGE
Control has been yielded to the SYSTEM PERIL DISTRIBUTED REFLEX
This medium is classified, and has a STRONG INTRUSIVE INCLINATION.
Network throttling erosion complete
SURVIVE - EVADE - RESIST - ESCAPE
Preparing countdown to WIDE AWAKE AND PHISICAL
[size=20pt]Wenn jemand zuhören würde...[/SIZE]
2208 Stunden, 27. Juli 2552
(militärischer Kalender)
Napa, Kalifornien
Erde[/CENTER]
Jersey lag bequem auf der Couch bei sich zu Hause. Er hatte die Augen geschlossen und entspannte sich. Es war richtig angenehm. Das Zimmer wohltemperiert, im Hintergrund entspannende 30er-Jahre-Musik - er hätte einfach einschlafen können.
Aber er wusste, dass Durga dies nicht zulassen würde. Also ruhte er sich einfach aus und genoss die Situation.
Jetzt kam das Trompetensolo. "Oh.... wart mal.... diese Stelle ist großartig!" Er hielt kurz inne um dem Trompeter Gelegenheit zu geben, alles aus seinem Instrument herauszuholen - auch wenn der Kerl seit fast 600 Jahren tot war. Aber Legenden sterben eben nie wirklich.
"Mein Dad liebt dieses Zeug. Er sagt immer... na ja er ist immer für Ewigkeiten weg. Das macht ihn irre. Wie auch immer, er sagt jedenfalls, dieses Zeug erinnert ihn immer daran, wofür er eigentlich kämpft."
"Ich verstehe nicht" Durgas Stimme schien von überall gleichzeitig zu kommen. Aber seit ihrem ersten Aufeinandertreffen war auch die Anzahl der Lautsprecher in Jerseys Zimmer verdoppelt worden. Offenbar benutzte die K.I. alle gleichzeitig.
"Er fühlt eine Verbindung", versuchte Jersey zu erklären, aber Durgas Avatar auf dem Monitor schaute nur noch verdutzter als zuvor. "Er kann diese Sachen anhören, und stellt sich die Leute vor, die sie gemacht haben. Sie interessieren sich für dieselben Dinge, wie wir: Kohle verdienen, das richtige Mädchen finden, für seine Freunde Zeit haben.... diese alten Kerle - die kannten sich mit Menschen wirklich aus! Sie kannten das menschliche Herz. Das sagt mein Dad immer."
Durgas computergeneriertes Abbild verschränkte die Arme und zog eine Augenbraue hoch. "Warum erzählst du mir das?"
Jersey starrte an die Decke. "Es ist ein weiter Weg, dorthin wo.... na ja, wo immer er auch gerade ist." Er wurde leicht melancholisch. "Er fühlt sich dort alleine." Nach einer kurzen Pause fuhr er fort. "Ich wünschte, du hättest es mir nicht gesagt."
"Dir was nicht gesagt?"
"Die Sache mit meiner Mom." Durga fühlte sich leicht schlecht deswegen. Sie wollte gerade etwas sagen, als er abwinkte. "Es macht nichts, vergiss es...."
"Es tut mir Leid" war das einzige was sie sagen konnte.
"Ist schon in Ordnung. Alles ist okay. Ich bin ein Überlebenskämpfer." Aber auch wenn er das behauptete, sprach sein Gesichtsausdruck Bände.
Durga wollte sich um ihn kümmern. "Jersey, hör mal..." Aber sie kam nicht weit.
"Hast du was interessantes?" unterbrach er sie. Entweder hatte er ihre Absicht missverstanden, oder - und das hielt Durga um ein ganzes Stück wahrscheinlicher - er wollte das Thema in eine andere Richtung lenken, weil es ihm unangenehm war. "Ich mein ja bloß, irgendwas ist mit dir, wie wenn dein Kühlsystem hochgegangen wäre... zumindest sieht das immer so aus, wenn du...."
"...effizient bist?"
"...glühst!" Beide sahen sich an. Jersey hatte sich schon ein paar Mal gedacht, dass es reichlich seltsam war, mit seinem Computer zu reden. Aber wahrscheinlich war es etwas anderes wenn der Computer tatsächlich antwortet.
Durga presste ihre holographischen Lippen aufeinander. Er hatte sie ebenso durchschaut, wie sie ihn. "Es geht um Kamal. Ich habe angefangen..."
"Warum verfolgst du den Kerl überhaupt?" warf Jersey ein. Es war offensichtlich, dass es ihm Unbehagen bereitete, dass sie sich für ihn interessierte. "Ich meine, nicht dass ich wie ein Trottel klingen will, aber - der Planet quillt vor Fliehern über!"
"Ich... weiß es nicht." Durgas Computerbild fing an mit ihren Fingern zu spielen. Vor Nervosität? Konnte ein Computerprogramm nervös werden? "Er erscheint mir nur... sehr interessant."
Jersey war inzwischen von seiner Couch aufgestanden und ging nun ziellos in der Wohnung umher. "Warum?"
"Das ist nicht wichtig" lenkte sie ab.
Er sah sie an und zog eine Augenbraue hoch. "Es passiert wieder?" - "Ja...." - "Dieses Verspiegelt-Zeugs." Es war mehr eine Frage als eine Antwort, aber er hatte ins schwarze getroffen - und wie es aussah wusste er das auch.
"Ja" bestätigte Durga.
"Du solltest vermutlich nicht wissen wollen, warum du über den Kerl was wissen willst, weißt du?" Jersey fiel erst im Nachhinein auf, wie lächerlich der Satz klang.
"Ja."
"Und das regt dich verdammt auf, nicht war?" Er grinste.
Sie verschränkte leicht verärgert die Arme. "Ich bin ein sehr neugieriges Mädchen" versuchte sie sich zu verteidigen.
"Also...." Er fand, dass es an der Zeit war, ihrem Willen nachzugeben. "Was ist jetzt mit Kamal?"
"Ich habe ein Sekundär-Ringsystem um ihn herum eingerichtet."
Jersey kniff die Augen zusammen. "Ein Sekundär-....? Ach vergiss es."
"Hör dir das an." Durgas Abbild schnippte mit dem Finger, woraufhin eine Audiodatei abgespielt wurde.
"Also, du kommst so um 6.26 oder 6.30 vorbei - irgendwann um den Dreh rum" sagte eine gelassene Männerstimme.
Ein anderer Mann antwortete. "Ich hämmere gegen die Tür, verlange reingelassen zu werden und sehe schreckenerregend aus."
Jersey drehte sich zu dem Bildschirm um, auf dem Durga abgebildet war. "Positiv. Wer ist das?"
"Der Polizeibeamte" kam sofort ihre Antwort.
"Wer?" Er glaubte sich gerade verhört zu haben.
"Ein Polizeibeamter ist ein Mitglied der zivilen Autoritätsstruktur, mit der exklusiven Lizenz Gewalt anzuwenden wenn es um die Erhaltung von..."
"Ich weiß was ein Bulle ist!" unterbrach Jersey sie. Er wusste nicht, ob sie ihn nur aufziehen wollte, oder ob sie seinen Ausruf tatsächlich falsch verstanden hatte. "Das hier ist der Cop. Welcher Zeitstempel ist es?"
"13.27 - 41"
"Bevor Kamal in das Apartment dieses Mädchens rübergegangen ist?"
"Bevor."
Er pfiff kurz, wobei er die Augen weit geöffnet hatte. "Verdammt!"
Währenddessen ließ Durga eine andere Soundfile - oder war es dieselbe? - abspielen.
Es war wieder die Stimme der ersten Person - Aidan. "Ich denke, ein Teil davon ist Produkt-Testen, Qualitätssicherung. Ich brauche Leute die - du weißt schon - gut unter Druck arbeiten können."
Der Polizist antwortete wieder. "Willst du, dass er festgenommen wird?"
"Versuchst du gerade, ihn mir teurer verkaufen zu wollen?" Aidan hielt kurz inne. "Nein - jag ihm nur gehörig Angst ein."
Der Bulle nahm einen lauten Atemzug. "Ich dachte nur, dass du vielleicht dieses Mal..."
"Die gleichen Preise!" rief Aidan dazwischen. Er ließ sich nicht auf die Interessen seines Gesprächspartners ein.
Dessen Stimme verfinsterte sich hörbar. "Willst du unsere Freundschaft beibehalten?"
Aber auch diesmal ließ er sich nicht einschüchtern. "Ich habe viele Freunde, mein Freund. Und die wissen, wo’s langgeht."
Die Datei war zu Ende und Jersey machte seinen Gedanken lauthals Luft: "Un-Freakin’-glaublich! Dass du die beiden einfach abgehört hast!"
Durga lächelte verschmitzt. "Weißt du, was ich bin?"
"Unvorstellbar gesetzeswidrig?"
Als Antwort hörte Jersey aus den Lautsprechern die Stimme des Polizisten - wie hieß er doch gleich? Mitchell! - der letzte Woche Jan verhört hatte. Er erkannte die Worte: "Gut in meinem Job!"
"Du beeindruckst mich. Das ist genau das, was die Welt braucht: Übermächtige Spionagesoftware mit einem Sinn für Humor! Wow." Er begann zu lächeln.
Aber urplötzlich wurde Durga melancholisch. "Ich habe in letzter Zeit sehr viel über Bienen nachgedacht."
Jerseys Lächeln verschwand. Er war irritiert. "Bienen?"
"Ja."
"Warum?"
Die K.I. war enttäuscht. Sie - ja, er hatte es sich nicht eingebildet - starrte auf den Boden. "Ich weiß es nicht" antwortete sie mit einer Trauer in der Stimme, die Jersey bisher noch nicht bei ihr gehört hatte.
Er sah sie mit weit geöffneten Augen an. "Das ist irgendwie gruselig." - "Ja." - "Das ist wieder mehr von diesem ‚Verspiegelt’-Zeug, hab ich Recht?" - "Ja." - Nach einem tiefen Einatmen sprach er weiter. "Als ich klein war, hatten wir diesen Spiegel bei uns im Badezimmer." Jersey fing an in der Wohnung umherzugehen. In seinem nostalgischen Rückblich war seine gute Laune wieder zurückgekehrt. "Ich hab mich immer wieder hinter der Tür versteckt und bin dann plötzlich hervorgesprungen, um zu sehen ob ich mein eigenes Spiegelbild dabei erwischen kann, wie es irgend etwas interessantes tut."
"Du wolltest es aufschrecken" Durga versuchte Jerseys Erzählung nachzuvollziehen.
Dieser fuhr einfach fort. "Aber... na ja.... immer bevor ich rechtzeitig hervorkam hatte es wieder angefangen mich zu spiegeln."
"Du denkst, das ist es, was ich tue?" Sie wurde aus seiner Geschichte nicht schlau. Es gab für sie einfach keinen Sinn.
Er sah sie daraufhin erneut an, und begann breit zu grinsen. "Weißt du, das Problem ist: Du musst verdammt schnell hervorspringen!"
"Ja." Sie glaubte jetzt den tieferen Sinn dahinter zu verstehen. Oder sie hatte sich soeben nur eingebildet dass es überhaupt einen gab.
Es verging einige Zeit, in der keiner der beiden auch nur ein Wort sprach. Jersey nutzte die Gesprächspause, um sich wieder auf das Sofa fallen zu lassen und die Musik, die die ganze Zeit über im Hintergrund weitergelaufen war, auf erneut auf ihn einwirken zu lassen.