Also ich hab jede einzelne "Wendung" des Films meilenweit gegen den Wind kommen gerochen:
- Ur-Urgroßvater hat angeblich die Familie verlassen? Mit Sicherheit gestorben.
- Junge denkt Musik-Legende ist sein Ur-Urgroßvater? Red Herring. Ist in Wirklichkeit der Loser Sidekick.
- Musik-Legende wird von allen angehimmelt? Secretly Bad Guy.
- Foto geht verloren? Junge dringt zu seiner Urgroßmutter mit Musik durch und die hat rein zufällig das abgerissene Bild in der Schublade (und niemand in der Familie hat das jemals gesehen).
Dabei ergibt sogar das Setting keinen Sinn:
- Der Ur-Urgroßvater war Musiker und hat angeblich seine Familie im Stich gelassen und ist nie zurückgekehrt. Und aus diesem Grund hassen alle Familienmitglieder Musik. Kategorsich. Alle Musik. Über fünf Generationen hinweg. Seriously? Mal ganz davon abgesehen wie hanebüchen das Setup ist - keiner von denen hat in den ~100 Jahren auch nur eine Sekunde daran gedacht dass ihm etwas zugestoßen sein könnte? Etwas das mir in den ersten 5 Minuten aufgefallen ist?
- Weil wir grad davon reden: Warum wusste niemand dass er tot ist? Hat die Polizei keine Nachforschungen angestellt und die Familie benachrichtigt als die Leiche gefunden wurde? Falls die Leiche nie gefunden wurde: Warum hat die Ehefrau nicht Lunte gerochen als der Band-Partner ihres Mannes zum Weltstar wurde, aber ihr Mann nirgends zu sehen war? Und das braucht mir keiner erzählen dass sie nicht davon wusste, es steht ein riesiger Schrein von de la Cruz in der Stadt, von den Statuen mal ganz abgesehen.
- Und wieso kennen sie seinen Namen nicht? Als der Junge denkt dass de la Cruz sein UUG ist widerspricht ihm keiner. Dass sie nicht von ihm reden ist eine Sache, aber bei einer Familie die so versessen auf Ahnenforschung ist muss doch wenigstens der Name geläufig sein.
- Die Toten im Jenseits haben das Geständnis von de la Cruz live gesehen, okay. Aber wie kommt es dass jeder dem kleinen Jungen ohne Vorbehalte glaubt als er ins Diesseits zurückkehrt und behauptet dass alle Lieder des berühmtesten Musikers aller Zeiten (Mexico-Elvis) von seinem UUG geschrieben sind, den niemand kennt? Keiner zweifelt das auch nur ein kleines Bisschen an?
- Warum wurde der Hund plötzlich zu einer Geisterwesen? Abgesehen von Plot-Convenience, weil die Handlung kurz darauf ein zweites fliegendes Fabelwesen gebraucht hat. Ist das etwas was einfach passieren kann? Wie kommt das zustande? Warum war niemand überrascht darüber? Warum wurde das weder vorher noch nachher jemals wieder erwähnt?
- Weil wir grad beim Hund sind: Wie kam der überhaupt ins Jenseits? Der kleine Junge kam da hin weil er verflucht war. Alle anderen waren bereits tot. Wie kommt es dass der Hund einfach vom Diesseits ins Jenseits wechseln kann wie er lustig ist? Ist er gestorben und konnte deswegen rüber? Vermutlich nicht, sonst wäre er auch wie alle anderen ein Skelett gewesen. Ist das auch etwas das einfach normal ist, dass Tiere da reinspazieren? Wenn ja, warum sind da keine anderen Tiere? Sind die alle zu Fabelwesen geworden? Sind so die Spirit Guides überhaupt erst entstanden?
- Nebenbei bemerkt: Wann spielt der Film? Zur Zeit von seinem UUG gab's nämlich anscheinend schon Film und Fernsehen, weil de la Cruz nicht nur Musiker sondern auch Filmstar war, aber 100 Jahre später benutzen sie immer noch VHS?
- Tote können nur einmal im Jahr auf die Erde zurückkehren, und nur wenn ihre Angehörigen Fotos von ihnen aufhängen? Okay... wie hat das funktioniert bevor es die Fotokamera gab? Oder konnten Tote vorher nicht zurückkommen? Ist das Jenseits eine neue Erfindung? Was ist mit all den Leuten passiert die vor der Erfindung der Photographie gestorben sind?
- -Wenn Tote von ihrer Familie vergessen werden vergehen sie? Was ist wenn jemand ledig stirbt? Einzelkind war? Keine Angehörigen hat? Kommt er in einen separaten Himmel? Ist er dann von vornherein am Arsch?
Die Familie von dem kleinen hat mich außerdem von Anfang an aufgeregt. Mal ganz davon dass ihre Motivation Musik zu hassen keinen Sinn ergibt (s.o.); die komplette erste Hälfte des Films machen sie nichts anderes als den kleinen zu mobben und zu terrorisieren. Verbieten ihm seinen Traum zu verwirklichen, zerstören sein Eigentum(!) das er sich vermutlich mühsam über Jahre hinweg von seinem wahrscheinlich lächerlich geringen Taschengeld zusammengespart hat, etc. Wenn Geld so knapp ist dass sie sogar auf Kinderarbeit(!) angewiesen sind hätten sie wenigstens versuchen können seine Sammlung zu verkaufen. Am Meisten ist mir die Großmutter auf den Sack gegangen, die jeden Passanten anbrüllt der Musik hört, was sie einen Scheißdreck angeht - mit anderen Worten sie schränkt fremden Leuten ihre Grundrechte ein. Der Frau hätt ich gerne eine Faust ins Gesicht gezimmert. Und nachdem sie danach den Rest des Films praktisch nicht mehr auftauchen fällt auch die Wandlung zum Schluss komplett vom Himmel. Die Moral des Films für mich war nicht "Familie ist wichtig" sondern "Familie sind Arschlöcher".
Ich möchte zudem nochmal anmerken dass der komplette Konflikt von Anfang an hätte gelöst werden können, bevor der Film überhaupt begonnen hat: Die Urgroßmutter fängt an sich an ihren Vater zu erinnern als sie das Lied "Remember Me" hört, das er für sie geschrieben hat. Du weißt schon... das Lied das de la Cruz gestohlen hat und das zum bekanntesten Song des bekanntesten Musikers auf dem gesamten Planeten wurde. Ein Lied das so beliebt ist dass es sogar als Widmung auf seinem Mausoleum steht. Ein Lied dass sie vermutlich in der Heimatstadt von besagtem Musiker zehnmal täglich gehört hätte, aber mit dem sie in ~100 Jahren kurioserweise nie konfrontiert wurde, weil eben ihre Familie einen so irrationalen Hass auf Musik hatte. Und wenn sie sich an den Song erinnert hätte wäre vermutlich auch von Anfang an klar gewesen dass de la Cruz die Songs gestohlen hätte.
Die Handlung setzt einfach so unglaublich viele unglaubwürdige Voraussetzungen an damit sie überhaupt stattfinden kann, dass wenn man auch nur einen einzigen Logikfehler in Frage stellt das gesamte Kartenhaus in sich zusammenfällt...
EDIT: Ich bin anscheinend nicht der einzige
dem das aufgefallen ist...
Zitat:That doesn't change the fact that the movie's actual story depicts a toxic relationship without seeming to know it, with a grandmother who has let her family live an angry, joyless lie despite the fact that it made her own life worse, and that she kept the proof of the real story all along.
Scenes of senile dementia will always jerk tears from me, as my father has it. But I left Coco angry that its entire plot needn't have happened if the family had ever once acted reasonably or communicated properly.
Was Loving Vincent angeht... du hast recht. Hab den Film gesehen und er war jetzt nicht unbedingt der kurzweiligste Film den es gibt. Aber in diesen Kategorien wird auch nicht bloß der reine Unterhaltungswert gemessen sondern das Gesamtprodukt, inklusive Stil, Produktion, etc. Zumindest müsste man das meinen, aber schon seit Jahren gewinnt irgendwie nur die 08/15 CGI-Standardkost. Seitdem es den Award gibt hat nur zweimal ein nicht am Computer entstandener Film gewonnen: Hayao Miyazaki's
Sen to Chihiro no kamikakushi und ein paar Jahre danach
Wallace and Gromit, was ein Stop-Motion-Film ist. Ansonsten wird jedes Jahr der Award Disney und Pixar und gelegentlich mal Paramount oder Dreamworks in den Arsch geschoben.
Zootopia hat
Ma vie de Courgette ausgestochen,
Big Hero 6 hat gegen
Song of the Sea gewonnen,
Up gegen
Coraline,
Rango(!) gegen
Chico & Rita. Sogar
Frozen hätte gegen
Ernest & Celestine verlieren müssen. Das braucht mir keiner erzählen dass das die besseren Filme sind, vielleicht wenn das ein- oder zweimal der Fall gewesen wäre, aber so oft wie das jetzt schon passiert ist, ist die Academy einfach biased gegenüber CGI-Animationsfilmen.
Aber ich schätze ich sollte froh sein dass nicht auch noch Boss Baby gewonnen hat.