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Eure selbst verfassten Texte (Lyrik/Prosa/Lieder)

Kapitel II


"Nein, verdammt! Ich werde nicht zulassen, dass dieser Penner in mein Team kommt!”
Hilaro Aprena schlug mit der Faust auf den schweren, dunklen Holztisch vor ihm. Der dickliche Mann, der dahinter saß verzog angesichts dieses emotionalen Ausbruches keine Miene. Sein einziger Kommentar bestand darin, dass er Hilaro darauf hinwies, dass er sein Outfit unordentlich machte.
Genervt rückte dieser seinen beigen Anzug zurecht. Ansonsten bestand seine Kleidung noch aus einem weißen Hemd und einem Hut im gleichen Farbton des Anzugs, den ein schwarzes Band zierte. Es war sein Markenzeichen vor den anderen Mitgliedern der Organisation so aufzutreten. Er beruhigte sich mit einem tiefen Atemzug wieder und versuchte so sachlich wie möglich zu bleiben, während er weiterredete.
"Rejak, ist selbst ohne Feindkontakt eine große Gefahr für die ganze Truppe. Zum einen ist er natürlich ein Wandler, aber zudem ist er auch noch ziemlich aufbrausend und nimmt kaum Befehle entgegen. Nicht nur das stellt eine Gefahr dar, sondern auch, dass einige Personen starke Abneigungen gegen Wandler hegen. Das sorgt für Streitigkeiten und so für fehlende Disziplin. Darum werden dann Aufträge schlecht ausgeführt und das wiederum wirft ein schlechtes Licht auf sie, Sir.”
Er lächelte einigermaßen. Diese Argumentation schein das Potenzial zu haben das Oberhaupt zu überzeugen. Er war immer sehr vorsichtig, wenn etwas ihr Ansehen gefährden könnte. Seine Einschätzung wurde vom nächsten Satz zerschmettert, wie eine Schnapsflasche an der Wand.
"Das ist mir scheißegal. Du wirst ihn mitnehmen.”
Hilaro setzte zu einer zornigen Erwiderung an, aber sein Gegenüber setzte gnadenlos nach.
"Überleg doch mal. Er kommt so oder so mit. Jetzt ist es deine Entscheidung, ob du ihn begleitest und ihm auf die Finger schaust, oder dein Team sich selbst überlässt.”
Hilaro dachte über seine Optionen nach. Er könnte seine M1911 ziehen und dem Fettsack eine Kugel zwischen die Augen verpassen. Abgesehen davon, dass es ihm Genugtuung verschaffen würde zu sehen, wie sein Schädel zerplatzte, war es aber wohl eher ein schlechter Plan. Also blieb ihm keine andere Wahl, als sein Schicksal zu akzeptieren. Er warf dem Boss des Clans noch einen wütenden Blick zu und verließ dann dessen Büro.
Auf dem Weg nach draußen, fand er sich mit der Entscheidung erstaunlich schnell ab.
Und wer weiß schon, ob Rejak nicht ein bedauerlicher Unfall zustößt?
Er grinste.
Das klang doch schon besser.

**

Cayef stand in einer Schlange vor dem Bankschalter und starrte genervt auf seine Armbanduhr aus Silber. Zehn Minuten! So eine Scheiße, ich komm noch zu spät zu Lena! Warum muss ich den Lohn für meine Jobs auch immer persönlich einzahlen.
Er starrte gereizt auf die Personen vor sich, deren Anzahl sich seit er hier stand, nicht verringert hatte. Da es wohl noch etwas dauern würde, verließ er die Reihe, - er war sowie der letzte - stellte sich an eine der zwölf Säulen in der Bankhalle und genehmigte sich ein Pfefferminzkaugummi.
Wenn er die Situation vorne am Schalter objektiv betrachtete, war sie sogar relativ amüsant. Es hatte etwas, wie die alte Frau sich beim Angestellten vehement darüber beschwerte, dass diesen Monat weniger Geld auf ihrem Konto eingezahlt wurde. Die verzweifelten Versuche des Mannes zu erklären, dass die Verwandten wohl eine geringere Summe überwiesen hätten, schmetterte sie damit ab, wie sehr sie ihre Kinder lieben würden. Der Angestellte war deutlich überfordert, scheiterte daran, der Rentnerin begreiflich zu machen, dass das an ihren Angehörigen lag, egal was sie behauptete.
Cayef grinste, auf Youtube wäre das ein Hit.
Er realisierte, dass ein kleiner Junge von vielleicht zehn Jahren neben ihm stand und ihn mit der Fingerspitze antickte.
"Mister, ich hab hier was für sie. Ein Mann draußen hat es mir gegeben.”
Mister, was für eine ungewöhnliche Anrede.
"Na dann gib mal her.”, erwiderte er und streckte die Hand aus.
Das Kind drückte ihm einen kleinen Zettel in die Hand, den er prompt entfaltete und durchlas. Verstört betrachtete er die wenigen Worte.
Beschütze den Jungen. Varuk
Die rote Farbe mit dem die Worte geschrieben waren, bestand eindeutig aus Blut. Der dezente Geruch regte seine Sinne extrem an, so bemerkte er die Bewegung am Bankeingang früher als die anderen Anwesenden. Seine verschärfte Wahrnehmung bescherte ihm alle wichtigen kleinen Details innerhalb weniger Augenblicke.
Wie groß die drei Männer waren, dass sie Schutzwesten und Masken mit Löchern für Augen und Mund trugen. Dazu noch, dass sie alle Schnellfeuergewehre dabei hatten.
Er packte den Jungen und drehte sich mit ihm blitzschnell hinter die Säule, drückte ihn gegen den kalten Stein.
An dem Gebilde vorbei, sah er wie die Vermummten dem sich gerade umdrehenden Wachmann ansatzlos in den Kopf schossen. Eindeutig Profis. Die Bewaffnung, ziemlich übertrieben aber einschüchternd. Haben das schon öfter durchgezogen, bekommen also sowieso lebenslänglich. Schlussfolgerung: Risiko minimieren, keine Zurückhaltung.
Auf den Schuss antwortete vielstimmiges Geschrei. Den des Jungen unterdrückte er in dem er ihm den Mund zuhielt. Er bedeutete ihm leise zu sein, dass ihre Position entdeckt wurde, würde ihm einen seiner beiden Vorteile rauben. Als er sich aufgrund der genickten Zustimmung des Jungen, sicher war dieser würde keinen Ton von sich geben, griff er unter seine Jacke und zog seine Pistole. Eine modifizierte P8 mit integriertem Suppressor. Er raunte dem Jungen mit einem Zwinkern zu:
"Keine Sorge, ich bin der Gute. Polizei, Sonderkommission.”
Aufgrund der gebrüllten Anweisungen der Räuber, konnte er vermuten, wo zumindest einer der drei stand. Er lehnte sich aus der Ecke, visierte kurz einen der drei an und betätigte den Abzug. Trotz seiner unmenschlichen Muskulatur spürte er den Ruck der durch seinen Arm lief, als die Kugel den Lauf verließ. Man hörte nur einen kleinen Luftausstoß, aber wie der Mann nach einem Treffer in die Brust umgerissen wurde hinterließ einen guten Eindruck von der Wucht des Projektils. Als der Verbrecher versuchte aufzustehen, traf eine andere Kugel seinen Schädel. Die anderen beiden hatten sich ihm zugewandt, aber anstatt irgendetwas von Aufgeben zu rufen, jagten sie eine Salve nach der anderen in seine Richtung. Er verschoss noch ein paar Kugeln in die Richtung des Mündungsfeuers, dann spürte er mehrere dumpfe Schläge in der Brust und sank wieder hinter der Säule zu Boden. Erst jetzt spürte er den gigantischen Schmerz und sah an sich herunter. Er konnte drei Einschusslöcher in seinem Körper entdecken. Die furchtbaren Schmerzen die er beim Luftholen verspürte, legten nahe, dass zumindest eine Kugel seine Lunge perforiert hatte. Seine Jacke war um die Verletzungen herum nass von Blut. Glücklicherweise war sie schwarz, insofern wusste man nicht sofort, dass es sein Lebenssaft war.
Das Kind sah ihn entsetzt an: "Mister, sie sind getroffen!”
Er versuchte sich an einem Lächeln.
"Ganz ruhig, das ist nur das ballistische Gel der Schutzweste. Ich hab praktisch nur einen Faustschlag abbekommen.”
Er griff mit den Fingern in die Wunde, die bis in seine Lunge reichte. Sein Suchen nach der Patrone zerriss das sich gerade frisch bildende Gewebe. Er ertastete die Kugel, hielt sie mit den Nägeln fest und zog sie mit einem Ruck, der ihm ein gequältes Stöhnen entlockte, heraus. Er hielt sie dem Jungen vor die Augen und sagte möglichst überzeugend klingend: "Siehst du? Gar kein Problem.”
Der Junge nickte zögerlich. Wenn jemand unter starker Belastung und Verwirrung stand, konnte selbstbewusstes Auftreten überzeugender als alles andere sein. Er wartete bis sich die getroffenen Stellen regeneriert hatten, der Vorgang dauerte einige Augenblicke und ermüdete ihn extrem. Dann wog er die Handfeuerwaffe in der Hand, sein unnatürliches Gespür verriet ihm aufgrund des Gewichtes das sich noch drei Kugeln im Magazin und eine im Lauf befand. Vier Schuss, damit erwisch ich höchstens einen.
Dann sprang er schon wieder hinter dem schützenden Hindernis hervor und streckte einen seiner Widersacher mit einer Garbe von drei Schuss nieder. Als er die Mündung mit der verbliebenen Kugel auf den Überlebenden richtete, sah er wie sich dessen Augen weiteten. Als erfahrener Mörder wusste er natürlich, dass es so eine Schutzweste nicht gab und das kein Mensch, solche Wunden überleben konnten.
Sein Mund formte tonlos ein Wort. Vampir.
Das war ein Fehler, Cayef konnte ihn nun auf keinen Fall entkommen lassen. Der Mann war Opfer seiner eigenen Erkenntnis.
Die Person ließ ihr Gewehr fallen, drehte sich Richtung Ausgang und spurtete los. Er hingegen atmete durch und legte an. Er sah nur noch Kimme und Korn - und sein Ziel den Rücken seines Feindes.
Er ließ die gesammelte Luft heraus und drückte ab.
Neben dem dumpfen Geräusch des Abfeuerns, erklang noch ein helles Klirren als das Geschoss in der Glastür neben dem Mann einschlug und sich knisternd Risse um das feine Loch bildeten. Sie erinnerten an ein filigranes Spinnennetz.
Verfickte Scheiße! Immer wenn es darauf ankommt!
Er steckte die Waffe ein und nahm die Verfolgung des Menschen auf, der seine Existenz mit einer Beschuldigung zerschmettern konnte.
Kaum war er auf der Straße vor dem Gebäude suchte er die Luft sorgfältig nach Gerüchen ab. Da waren dutzende, vom Gestank der Autos über das brutzelnde Bratfett am Stand gegenüber bis hin zu dem Geruch des Urins den ein Mann gerade in einer Gasse hinterließ. Dann jedoch entdeckte er den Entscheidenden. Den Geruch von extremen Angstschweiß. So penetrant, dass er eher an verwundetes Tier, denn an einen Menschen erinnerte. Der Geruch kam von links. Dort entdeckte er in einiger Entfernung den Mann der immer noch rannte, als würde er von allen Dämonen der Hölle verfolgt. Allerdings war ihm immerhin einer auf den Fersen.
Diesem Mann jetzt mit unfassbarer Geschwindigkeit nachzulaufen, käme jedoch einem Geständnis gleich.
Cayef beschloss, die Jagd auf ein neues Niveau zu erheben.
Er drehte in eine kleine Nebengasse ab und vergewisserte sich das ihn niemand beobachtete. Er maß die Fassade vor sich abschätzend mit Blicken.
Ach was soll’s?
Er stieß sich ab und schlug mit der Faust spielerisch eine Scheibe im zweiten Stock ein. Dann hielt er sich an dem nun frei zugänglichen Fensterrahmen fest. Er machte eine Klimmzugbewegung und überwand in dem er auf dem Höhepunkt losließ auch den dritten Stock, sanft federnd landete er auf dem Flachdach. Nun konnte er den Flüchtigen verfolgen ohne seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Mit mörderischem Tempo setzte er diesem nach. Die zum Teil mehrere Meter breiten Häuserschluchten überquerte er mit - ihm scheinbar leicht fallenden - funktionellen Sprüngen, an deren Ende er einfach weiterlief und so die benötigte Kraft weiter ausnutzte.
Es wäre eine erstklassige Szene für einen guten Actionfilm gewesen, er konnte sich sogar die perfekte Musikuntermalung für die rasanten Bilder vorstellen. Er wäre wahrlich ein großartiger Regisseur geworden.
Der auf einmal deutlich intensivere Geruch, lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das hier und jetzt. Fast wäre er an dem Mann vorbei gelaufen, demzufolge verringerte er beim nächsten Absprung die Geschwindigkeit deutlich und krachte einen guten Meter unter der Dachkante gegen die massive Steinwand. Er drückte sich leicht ab und sprang so zur gegenüberliegenden Wand, von wo er dasselbe ein weiteres Mal wiederholte. Mit dieser Abstiegsmethode, war er innerhalb von zwei Sekunden auf dem Boden angelangt. Als die restliche Wucht auf den harten Beton traf, spürte er ein Knacken im Fußgelenk, das von dem für einen Bruch charakteristischem, brennenden Schmerz begleitet wurde. Er ignorierte es, denn jetzt gab es wichtigeres. Nämlich den zitternden Mann vor ihm, der ihn anstarrte und vor Überraschung zu keiner anderen Handlung mehr fähig war als seine Pistole viel zu langsam zu heben. Bevor sie auch nur halb auf ihn zielte, war Cayef bereits bei ihm angekommen und ergriff die bewaffnete Hand um sie dann so heftig gegen die Wand zu schlagen, dass sämtliche Knochen in dem komplizierten Körperteil zu Bruch gingen. Den qualvollen Ausruf umging er, in dem sich gegen den Mann warf und ihn so gegen die Wand drückte.
Der Durst wurde übermächtig, immerhin hatte er drei Wunden geheilt, von denen jede an sich gereicht hätte, einem Menschen das Leben zu nehmen.
Er konnte sich nicht mehr zurückhalten und er besaß auch keinerlei Intention dazu, die Lage war günstig. Warum nicht das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden?
Er presste seine Lippen gegen den Hals des Anderen. Was im ersten Moment wie die Berührung eines stürmischen Liebhabers wirkte, bekam eine radikal andere Bedeutung, als es sein Gebiss entblößte und der Dunkelheit in ihm gestattete, sein Aussehen zu verändern.
Sein Kiefer hängte ein Stück aus und die Eckzähne wurden deutlich länger, gebogener, schärfer. Mit dem erweiterten Rachen umschloss er die komplette Kehle des Mannes und riss sie mit einem Ruck heraus. Er schluckte das Ekel erregende Stück widerwillig herunter, um nicht ein Tropfen seines kostbaren Trunks zu verschwenden. Innerhalb weniger Sekunden, entnahm er dem Mann auf diese Weise dessen komplette sechs Liter Blut. Früher hatte er sich nach solch einer Menge immer übergeben müssen. Er betrachtete die Leiche und hörte dann den Ton eines nahen Zuges auf den Gleisen. Erstes Problem gelöst. Dann sah er an sich hinunter. Seine Kleidungstücke waren von Löchern, Staub und Blut verziert. Er grinste.
Lena wird sich bestimmt freuen, wenn ich mal freiwillig neues Zeug kaufe und die Arbeiter in der Kanalisation können zu Hause endlich mal was interessantes erzählen.

**

Varuk sah überrascht auf die Bilder die ihm der Mann, der ihm in der schwarzen Limousine gegenübersaß, präsentierte. Es waren Ausschnitte aus den Überwachungskameras der Bank und einige Bilder eines Satelliten, der die wilde Verfolgungsjagd über die Dächer in detaillierten Bildern eingefangen hatte. Das Ende in der Gasse war aufgrund des Winkels etwas unscharf, aber es war offensichtlich was vorgefallen war. Die Entsorgung durch die Bahn war zwar nicht wirklich originell aber auf jeden Fall effektiv. Das er die Kleidung in den Gully gestopft hatte, hatte Varuk zuerst verwundert. Es war ein deutlicher Beweis. Andererseits würde man diese Jacke wohl nur sehr sehr schwierig Daniel Schäfer zuordnen können. Varuk war sich sicher dieser Fund würde irgendwann ein urbaner Mythos werden. Dieser Punkt schmälerte das Ergebnis allerdings keinesfalls. Die Leistung des Vampirs war immer noch beachtlich. Vollkommen unvorbereitet mit einer Situation fertig zu werden in der man drei erfahrenen Kämpfern gegenüberstand. Es dabei noch zu schaffen den Jungen vor einem Treffer oder sonstigen Verletzung zu bewahren, war definitiv beeindruckend. Daniel Schäfer hat die Prüfung wirklich gut gemeistert.
Er sah den anderen Mann an und fragte mit einem Blick nach dessen Einschätzung.
Die Person mit der breiten Statur und dem Stoppelschnitt räusperte sich und sah Varuk dann ernst an.
"Ich denke seine Fähigkeiten stehen außer Frage. Der Punkt ist nicht, ob er an sich geeignet wäre, sondern ob wir es verantworten können in der Endphase eine weitere Person zu rekrutieren.”
Varuk betrachtete den Mann nachdenklich. Er hatte es mit seiner Darlegung genau auf den Punkt getroffen.
"Genau, Sasaron. Du hast vollkommen Recht. Es bringt vieles in Gefahr, aber ich bin der Meinung, wir sollten so viele unserer Brüder wie möglich Zutritt und somit Mitbestimmung gewähren. Ich will jetzt keine Logik hören, sondern deine Meinung.”
Der Mann strich sich bedächtig über seine Haare deren Länge kaum mehr als fünf Millimeter betrug. Auf den zwei kaum fingerdicken rot gefärbten Streifen an der linken Seite stoppte die Bewegung der Hand und er sah Varuk bestimmt an.
"Ich bin dagegen. Ich kann dich zum Teil verstehen. Auch ich bemerke die Parallelen zwischen dir und ihm, aber aus einer Sentimentalität die Hoffnung so vieler Personen zu gefährden, erscheint mir recht selbstsüchtig. Ich denke allerdings wir sollten Laria und Ganuur zu Rate ziehen.”
Varuk sah in noch einmal an, seine Stimme klang belegt.
"Das müssen wir nicht, du bist die zweite Person die dagegen ist: Für das Wohlempfinden eines Vampirs, dessen richtigen Namen ich nicht einmal kenne, will ich das nicht in Kauf nehmen.”
Er sah die Bilder noch einmal an.
"Wenn er zu uns Kontakt aufnimmt, werden wir das Gespräch weiterführen. Wenn nicht ist dieses Thema erledigt.”
Er gab Anweisung die Limousine anfahren zu lassen.


Kapitel III


Von einem leisen Piepen wurde Cayef aus dem angenehmen Schlaf gerissen. Er schaute sich etwas verschlafen um und ordnete das dezente Geräusch seinem Privatwecker zu. Dieser war in der Tat nur für ihn gedacht. Er war so leise, dass Lena neben ihm seelenruhig weiter schlummerte. Bis heute war es ihr ein Rätsel wie er es schaffte immer pünktlich aufzustehen, ohne sie in irgendeiner Form zu stören. Er betrachtete sie während sie schlief. Sie sah so friedlich und zufrieden aus, es war ein bezaubernder Anblick. Ihre tiefschwarzen Haare umflossen ihre Gestalt wie Wasser, wenn sie auf ihrer weichen Haut lagen, bildeten sie einen faszinierenden Kontrast zu dem hellen Farbton ihres Körpers. Zu dem ihm sich bietenden Bild kam noch hinzu, dass die rote Sommerbettdecke ihre perfekte Figur mehr schlecht als recht verdeckte. Wenn er sich das so ansah spürte er schon wieder wie sich etwas in seiner spärlichen Bekleidung regte. Er grinste, dafür würde später noch Zeit sein. Jetzt galt es eines seiner Hobbys auszuleben. Er stieg aus dem Bett und entnahm den Schrank seinen schwarzen Trainingsanzug. Das Anziehen gestaltete sich aufgrund der Folgen seiner Gedanken als schwierig, er bewältigte dieses Hindernis jedoch mit einigem Hantieren.
Er trat noch kurz zu Lena heran und gab ihr einen Abschiedskuss auf den unter der Decke hervorschauenden Brustansatz.
Dann nahm er seinen MP3-Player von der Ablage und verließ die Wohnung.
Auf der Straße angelangt, atmete er tief durch. Er liebte die kühle Morgenluft, vor allem bei solch einem Klima zu joggen. Um fünf Uhr morgens war es sogar in einer Großstadt einigermaßen friedlich und die störende Sonne war auch noch nicht aufgegangen. Er schaltete die Musik an und lief einfach los in die Richtung die ihm gerade passte.
In dreißig Minuten würde er sich umdrehen, bis dahin konzentrierten sich seine Gedanken einzig und allein, auf die kühle Brise die sein Gesicht streichelte, das monotone Aufkommen seiner Füße und die großartige Musik die er sich dabei zu Gemüte führte. Er fand es faszinierend darauf zu achten, wie sich sein Laufrhythmus den vielseitigen Songs anpasste. An sich musste er nicht laufen, sein Privileg gestattete ihm, mit seinem Körper zu umzugehen, wie es ihm bequem war, ohne irgendwelche Folgen befürchten zu müssen.
Nach neun Songs war er etwas mehr als eine halbe Stunde unterwegs, er drehte um und verließ sich auf seinen ausgezeichneten Orientierungssinn um zurück zu seinem Wohnhaus zu finden. Kurz vor seinem Ziel, entdeckte er eine bereits geöffneten Bäckerei. Frische Brötchen wären doch was.
Geld hatte er genug dabei also betrat er kurzerhand das Geschäft. Selbstverständlich war er momentan der einzige Kunde. Demzufolge widmete die lächelnde, kleine Verkäuferin mit Locken ihm seine ganze Aufmerksamkeit.
"Hallo, ich bin Franzi, wie kann ich ihnen behilflich sein?”, strahlte sie ihn an. Cayef grinste. Man könnte glatt meinen es wäre ihr persönlicher Wunsch mir Brötchen zu verkaufen.
"Ich hätte gerne sieben Brötchen”, antwortete er.
"Natürlich, welche hätten sie denn gerne?”
"Geben sie mir einfach irgendwelche.”
Die Kassiererin drehte sich augenblicklich um und begann verschiedene Brötchen zusammenzutragen. Dann drehte sie sich wieder um und fragte ihn höflich:
"Was für eine Verpackung wünschen sie?”
Die Frage brachte Cayef deutlich aus dem Konzept. Er hatte nicht gewusst, dass es nun sogar bei Bäckern Verpackungsoptionen gab. Aus einem unbestimmten Grund fühlte er sich furchtbar dümmlich als er gedehnt fragte:
"Eine Tüte?”
Augenblicklich verstaute Franzi die Ware in einer Tüte und überreichte sie, während sie stolz - als ob es eine großartige Leistung wäre - verkündete:
"Zwei dreiundachtzig, bitte.”
Cayef knallte drei Euro auf die Theke und verließ mit einem gemurmelten stimmt so den Raum.
Scheiß Dienstleistungsgewerbe! Als der tertiäre Sektor noch nicht so gefragt war, fand ich es deutlich besser. Da hat man noch gemerkt, dass diese Leute ihren Job hassten. Der Kunde wurde wie Dreck behandelt und das war auch gut so, man musste ja kommen. Bei diesem ganzen Jovialscheiß muss man sich nicht wundern, wenn die Kids denken, es wäre ein Privileg ihnen den Arsch abzuwischen!
Er bog um die Ecke - und verharrte.
Vor dem Haus, das unter anderem seine Wohnung beinhaltete, war ein gigantisches Sicherheitsaufgebot. Er zählte mehrere Militärjeeps mit schweren Waffen und mindestens ein dutzend Soldaten, die die Leute zurückhielten. Er hatte einen furchtbaren Verdacht. Obwohl es seit der Situation in der Bank in den letzten elf Tagen keine Auffälligkeiten gegeben hatte, hatten in die Einheiten offenbar aufspüren können.
Er zwängte sich durch die gaffende Menge nach vorne.
Ein Soldat hielt ihn an, als er zu nahe kam, aber immerhin konnte er jetzt das gesamte Bild erfassen. Es waren deutlich mehr als ein Dutzend Soldaten, eher an die drei Dutzend wenn er diejenigen mitzählte die nun das Gebäude verließen. Zwei von ihnen zogen eine dritte Gestalt mit. Sie hatte einen schwarzen Sack über den Kopf gezogen und auch sonst konnte man dank einem grauen Mantel nichts erkennen. Einzig und allein eine schwarze Haarsträhne ragte unter der Kapuze hervor. Aber das reichte Cayef bereits.
Lena!
Seine Gedanken rasten, sie würden sie mitnehmen und er hatte keine Ahnung wie er das verhindern konnte. Zwischen den abstrusesten Vorstellungen mischte sich immer wieder der Einruf Nein! Nicht Lena! Er konnte vor Panik keinen klaren Gedanken fassen. Er hatte sich fast dazu durchgerungen die Soldaten anzugreifen, als seine spontane und selbstmörderische Idee abrupt durch das Auftauchen von zwei Personen durchkreuzt wurde.
Aus dem Gebäude traten ein Bote und eine Botin. Sie trugen die typische weiße Toga, der Mann hat hellbraune und die Frau dunkelblonde Haare. Jetzt hatte Cayef absolut keine Chance mehr, er versteckte die Hände in den Taschen seiner Trainingsjacke, damit niemand das starke Zittern seiner Finger bemerkte.
Die Botin erhob die Stimme.
"Diese Dämonenbuhle hat Unzucht mit einem Verfluchten getrieben, sie wird für diese heidnische Tat dem Schöpfer übergeben werden, auf dass er über das Maß ihrer Vergebung bestimme.”
Er trat an einen der Soldaten heran und versuchte amüsiert zu klingen, als er sagte:
"Was für eine komische Wortwahl.”
Der Soldat drehte sich grinsend um und erklärte lapidar: "Sie hat ‘nen Vampir gevögelt.”
Cayef lachte krampfhaft und sagte dann möglichst locker: "Zum Glück, gibt es Männer wie sie, die das unverständliche Gebrabbel der Diener unserer Erlöser für uns einfache Menschen übersetzen. Aber haben sie keine Angst, dass der Vampir Vergeltung übt?”
Der Mann klopfte auf seine Waffe, dann deutete er auf die Fahrzeuge.
"Soll er nur versuchen. Alles vom Feinsten und jeder hat Kartuschenladungen. Sie müssen sich keine Sorgen machen.”
Fuck! Fuck! Fuck! Die sind echt vorbereitet!
"Ich hoffe sie bringen die Frau weit weg, so was kann man in unserem Gebiet nicht dulden.” Er hoffte inständig, er würde niemals mehr solche Worte aussprechen müssen.
"Keine Sorge, die kommt in die Hölle auf Erden. In Ychonbota wird diese Schlampe schon lernen was Sache ist.” Der Mann lachte großspurig.
Wie kannst du es wagen sie Schlampe zu nennen?! Cayef musste sich stark beherrschen dem Mann nicht den Schädel einzuschlagen, als er seine Hand ausstreckte um ihn auf die Schulter zu klopfen. Er tat bewundernd.
"Männer wie sie bringen uns Sicherheit.”
Der Mann lächelte beschämt.
"Ach was. Wir machen doch nur unseren Job.”
Da sind wir wohl verschieden. Mich persönlich würde es hoch erfreuen, dir dein Rückgrat aus dem Leib zu reißen.
Auf einmal spürte Cayef, dass er beobachtet wurde. Ein weiterer Vorteil seines Daseins als Vampir. Er drehte sich etwas nach rechts und sah dem Boten direkt in dessen hellbraune Augen. Da Boten eine übernatürliche Begabung hatten Vampire zu entdecken, deutete er einen Salut für den Soldaten an und ging dann schnell davon.
Er spürte, dass der Bote ihm hinterher sah, bis er in eine kleine Gasse abbog. Er hatte sie zur Hälfte durchquert, als er eine klare, befehlende Stimme vernahm.
"Bleiben sie stehen, nicht umdrehen.”
Der Bote war ihm also gefolgt, vielleicht sogar noch die Botin dazu.
Scheiße! Wenn er eine Beschwörung spricht, hab ich nicht einmal mehr eine Chance zum Angriff.
Offenbar zog dieser Bote die Möglichkeit eines Fernangriffes gar nicht in Betracht.
Er hörte die unglaublich leisen Schritte näher kommen, nur mit einem Vampirgehör konnte man solch eine geringe Lautstärke wahrnehmen.
Jedoch bedachte der Bote bei seinem Vorhaben ein entscheidendes Detail nicht.
Die Sonne war aufgegangen und warf die Schatten in der Gasse so, dass Cayef sowohl seinen als auch den seines Verfolgers gut deutlich rechts an der Mauer erkennen konnte.
Dem auf seinen Nacken gerichteten Dolchstoß auszuweichen stellte für ihn eine Kleinigkeit dar. Ebenso die Waffenhand zu packen und dann stark nach unten zu reißen, während seine Knie nach oben schnellte. Die Hebelwirkung bestätigte einmal mehr ihre Effektivität, als das Gelenk krachend brach. Bevor der Bote noch irgendeine andere Handlung ausführen konnte, hatte auch schon Cayefs Ellenbogen mit voller Wucht seinen Kiefer getroffen. Er wurde herum geschleudert, die weißen Stückchen auf dem Boden der Gasse verrieten, dass seine Zähne gesplittert waren. Cayef packte den stöhnenden Mann am Kragen, der ihm mit ein paar Spritzern Blut entgegen spie:
"Gottlose Kreatur, der Schöpfer wird dir nicht vergeben!”
Cayef wünschte ihm wäre eine schlagfertige und tiefgründige Erwiderung eingefallen, da dies jedoch nicht der Fall war, rammte er ihm einfach die Faust durch den Brustkorb, der der rohen Gewalt nichts entgegenzusetzen hatte. Er spürte das unregelmäßig schlagende Herz und zerdrückte es schlicht.
Der Bote wollte ihm noch eine Beleidigung an den Kopf werfen, aber alles was über seine Lippen kam, war ein großer Schwall Blut. Ich habe kein Interesse als Bruder an dir.
Er nahm die Telefonnummer von Varuk aus der Brieftasche und verließ den Schauplatz des kurzen Kampfes.


**


"Mein Informant hat mir aber einigermaßen einleuchtende Belege geliefert, dass sich unser Ziel im Himalaja befindet. Ich denke wir sollten da noch zwei bis drei Leute drauf ansetzten.” Sasaron war natürlich wie immer der Ansicht, dass allein sein Vorschlag der einzig annehmbare wäre. Wie erwartet, ging, die einzige Frau im Raum, Laria, sofort auf die Provokation ein. Sie mochte es sich mit Sasaron zu streiten, das war offensichtlich. Sie stritten über alles, darüber wer die nächste Handball-WM gewinnen würde, darüber was das beste italienische Essen wäre und sogar darüber, wer länger auf der Toilette brauchte. Insofern kam es für keinen der vier Anwesenden überraschend, dass sie sich sofort erhob und heftig den Kopf schüttelte. Die goldblonden, langen Haare mit den dunkelroten Spitzen, flogen in alle Richtungen.
"Das ergibt keinen Sinn! Nicht einmal normale Engel würden das hinnehmen, an solch einem Ort zu leben, und ausgerechnet er soll dort sein?!”
Sasaron sah es nicht ein so schnell aufzugeben.
"Genau deswegen! Dort ist er absolut ungestört und kann weiterhin Beobachter spielen. Ich denke das-”
Weiter kam er nicht, denn Varuks klingelndes Handy zog sofort die Aufmerksamkeit aller auf sich. Die Nummer dieses Mobiltelefons besaßen nur zwei Leute. Ihr Anführer und Daniel Schäfer.
Als er das Handy hervorholte, sah er wie Garuun beiläufig etwas in sein kleines schwarzes Netbook tippte. Als er merkte, dass Varuk es bemerkt hatte, grinste er ihn nur entschuldigend an. Varuk nahm das Gespräch an.
"Hallo Varuk? Ich bin es. Wir müssen reden, wo bist du?”
Natürlich erkannte Varuk die Stimme seines Kandidaten sofort. Er nannte ihm kurzerhand die Adresse und beendete das Gespräch.
Drei fragende Augenpaare sahen ihn an. Er lächelte und sagte schlicht.
"Das war Daniel, er kommt hierher.”
Bevor er noch irgendetwas anderes machen konnte, war bereits Sasarons Faust in seinem Gesicht gelandet. Es war ein Schlag, als wäre er von einem Pferd getreten worden. Er wurde von der Couch auf der zuvor gesessen hatte umgerissen und landete unsanft auf dem Boden. Da er spürte, wie sich sein Kiefer knirschend wieder richtete, schlussfolgerte er, dass der unerwartete Gewaltausbruch einigen Schaden in seinem Gesicht angerichtet hatte. Als er aufsah, stand Sasaron bereits über ihm, die Hand vor Zorn zur Faust geballt. Laria stand etwas dahinter, bereit einzugreifen, wenn die Situation komplett eskalieren würde. Garuun saß locker auf seinem Platz. Die gerunzelte Stirn, die randlose, eckige Brille, das schwarze Hemd, die dunkelgraue Hose und die gepflegten, mittellangen, schwarzen Locken mir roten Spitzen ließen ihn wie einen Kritiker wirken, der ein interessantes Theaterstück betrachtete.
Sasaron sprach heiser vor Zorn:
"Wie kannst du es wagen, ihm einfach die Adresse zu geben?! Was wenn er zum Anruf gezwungen wurde?! Es sind garantiert schon sechs dutzend Boten auf dem Weg hierher! Das kannst du nicht verantworten!”
Varuk spürte, dass Blut an seinem Unterkiefer hinab laufen. Dummerweise hatte Sasaron absolut Recht. Die Möglichkeit, dass Daniel gefangen gehalten würde oder sie sogar freiwillig verriet, hatte er nicht in Betracht gezogen. Das war sogar nicht einmal so unwahrscheinlich, immerhin wurde er wegen Varuk dreimal angeschossen. Das hatte ihn zwar nicht getötet, war aber definitiv als unangenehm anzusehen. Es brachte nichts sich zu rechtfertigen, also erwiderte er:
"Du hast Recht, es war ein Fehler. Tut mir Leid.”
Mit diesen Worten macht er jedoch alles nur noch schlimmer.
"Tut mir Leid?! Dein verschissener Fehler wird uns alle umbringen! Ich scheiße darauf, dass du hier Anführer bist! Du kannst nicht über unser Überleben bestimmen!”
Er holte aus, seine Faust würde wohl erneut Bekanntschaft mit Varuks Gesicht machen. Ich werde nicht ausweichen. Ich verdiene es.
Ein leises Räuspern aus Garuuns Richtung ließ alle erstarren. Ein merkwürdiges Verhalten wenn man die momentane Lage bedachte. Aber Garuuns Art lenkte sofort die Aufmerksamkeit auf ihn wenn er etwas anmerkte. Keiner wusste warum, aber das Phänomen galt längst als Fakt, insofern hatte Garuun sich die Eigenschaft angewöhnt selten etwas zu sagen, denn die Reaktion war ihm bei vielen Leuten unangenehm. In dieser Gruppe jedoch fand er es angemessen, da er hier oft wirklich Wichtiges erzählen konnte. Da war Beachtung durchaus angemessen. Wenn er verkündete, dass er einen Donut essen wollte hingegen nicht.
Jetzt hingegen klärte er die Konfrontation mit einer kurzen Information auf.
"Ich habe den Anruf zurückverfolgt und die Koordinaten mit einem unserer Satelliten überprüft. Alles ist in Ordnung, er ist allein und es verfolgt ihn auch keiner.”
Laria fuhr in gereizt an.
"Warum zur Hölle, hast du das nicht vorher gesagt?”
Garuun lächelte leicht und wies auf Varuk, der immer noch am Boden lag, samt dem darüber stehenden Sasaron, der immer noch unverhohlen Aggression zeigte.
"Ich weiß immer ganz gerne woran ich bin. Die Fronten zu kennen sichert das Überleben.”
Sasaron atmete tief durch und warf ihm einen vernichtenden Blick zu, dann wandte er sich an Varuk und sagte zerknirscht:
"Na gut, meine Reaktion war übertrieben, wenn man die Wahrheit kennt. Aber deine Aktion war absolut bescheuert und so was kann man nicht durchgehen lassen. Trotzdem entschuldige ich mich für den Hieb.”
Varuk erwiderte nur locker:
"Nein, genau solche Taten wünsche ich. Es ist gut, dass du an die Gruppe denkst und die Entscheidungen des Anführers nicht einfach hinnimmst, das hilft uns allen.
Und deswegen solltest du das auch weiterhin tun.”
Sasaron lächelte leicht.
"Keine Sorge das werde ich. Du solltest auf dein Gesicht acht geben.”


**

Lena konnte nach wie vor absolut nichts sehen, ein Zustand der seit geschätzten zwanzig bis dreißig Minuten andauerte. Durch den schwarzen Stoffsack, den man ihr über das Gesicht gezogen hatte, konnte sie auch die sie umgebenden Geräusche nur gedämpft und undeutlich vernehmen. Im Kopf ging sie die Ereignisse durch, die ihr in der letzten Stunde widerfahren waren. Wenn sie es nicht selbst erlebt hätte, könnte sie solch eine Geschichte niemals ernst nehmen.
Sie war von Engelsdienern entführt worden.
Als sie am Morgen früher als sonst aufgewacht war, war Daniel bereits nicht mehr in der Wohnung. Daraus das der Trainingsanzug fehlte, hatte sie geschlossen, dass er eine Runde joggen gegangen sei. Sie war also aufgestanden und hatte das Badezimmer betreten um erst einmal ihre Zähne zu putzen. Ein kleines morgendliches Ritual, das sie seit zwölf Jahren praktizierte. Sie hatte gerade erst die Zahnbürste im Mund, als sie ein lautes Krachen hörte, dass vom Wohnungseingang herrührte. Bevor sie das Bad verlassen konnte um zu sehen was vorgefallen war, waren bereits die Soldaten eingedrungen. Zwei hatten sie auf den Boden gedrückt, ein Dritter ihr eine Maschinenpistole an den Kopf gehalten. Aus den Augenwinkeln hatte sie gesehen, wie weitere Kämpfer die Wohnung durchsuchten und dabei Rückmeldungen, wie Negativ! oder Sauber! gaben. Dann war eine dunkelblonde Frau eingetreten, die übernatürlich schön aussah. Lena hatte keinen einzigen Makel an ihr entdecken können, aber trotzdem war sie auf ungewisse Weise angewidert gewesen. Die Frau hatte sie gelangweilt angesehen und dann fast schon mechanisch gesagt:
"Der Sünder ist verschwunden. Wir werden diese Heidin an seiner mitnehmen.”
Dann hatte sie sich zu Lena heruntergebeugt und sie kurz an der Schläfe berührt. Sofort war Lena in einem Zustand, der dem des Kiffens extrem ähnelte. Sie war ruhig und fühlte wie ihre Gedanken von einem sanften Strom hinfort getragen wurden. Es hatte sie nur leicht verwundert als ihr das schwarze Stoffgebilde über den Kopf gezogen wurde und sie wegtransportiert wurde. Dieses Gefühl hatte bis eben angehalten - nun jedoch nahm sie ihre Umgebung wieder einigermaßen wahr. Sie versuchte sich auf die Gespräche der Soldaten im Wagen zu konzentrieren. Eine tiefe Stimme fragte gerade:
"Was hat die Schlampe eigentlich getan, dass sie nach Ychonbota muss? Ich meine Ychonbota ist sogar für Vampire ein exklusiver Club.”
Zwei andere Personen lachten. Dann antwortete ein nasale Stimme:
"Tja, die Hure hat halt Connections. Ihr Macker is’ wohl ne größere Nummer, als wir am Anfang dachten. Ihr habt die Funksprüche vorher doch gehört, oder?”
Es wurde kurz still. Lena hörte wie sich jemand die Nase putze, dann räusperte und etwas unsicher fortfuhr:
"Glaubt ihr wirklich, dass er den Boten umgebracht hat? Ich meine, das war ein Bote und er soll ihm das Herz herausgerissen haben? Das klingt so was von übertrieben. Allein der Mord und dann noch die Methode.”
Eine andere Stimme meldete sich zu Wort. Sie war nachdenklich und ziemlich ruhig. Aus irgendeinem Grund war sich Lena sicher, dass die Person der Anführer war.
"Die Informationen wurden von Angelseye der Zentrale übermittelt. Ich denke es steht außer Frage, dass sie korrekt sind.”
Jetzt war es absolut ruhig. Das Gespräch war durch eiskalte Fakten abgewürgt worden. Lena hörte unruhige Bewegungen, wahrscheinlich, dachten die Soldaten über ihre eigene Sicherheit nach. Lena hingegen dachte über etwas ganz anderes nach.
Daniel soll so ein Monster sein?! Unmöglich, dass er ein Wandler oder Vampir oder schlimmeres ist! Das hätte ich in den letzten zwei Jahren auf jeden Fall bemerkt. Außerdem hätte er es mir gesagt. Er hätte mich nicht im Unwissen gelassen, dafür liebt er mich viel zu sehr. Es kann nicht sein, dass er so lange eine Lüge gelebt hat! Andererseits war das vorhin eindeutig eine Botin! Sie war sich absolut sicher, dass Daniel so ein Wesen ist - und Boten wurden von Gottes Engeln erhöht. Es ist doch ausgeschlossen, dass solche Geschöpfe falsch liegen, nicht wahr? Zu dem wird doch immer gesagt, dass Vampire wunderbar untertauchen können. Vielleicht hat Daniel mich doch belogen?! Ich weiß nicht wem ich glauben soll. Gottes Stellvertretern oder der Person, die ich liebe?!
Ihre Gedanken wurden durch das abrupte Enden des leichten Schaukelns des Wagen unterbrochen. Wieder hörte sie die Stimme des vermeintlichen Anführers, diesmal konkret an sie gerichtet:
"Lady, wir sind da. Jetzt geht die Party richtig los.”
Der Sack wurde nicht abgenommen, stattdessen wurde sie geschlagene fünf Minuten durch irgendwelche kalten, glatten Gänge gezerrt. Bei dem Tempo mit dem dies geschah, mussten die Typen sie entweder die ganze Zeit im Kreis herumführen oder die Anlage war ziemlich groß.
Sie hörte wie ein Tür geöffnet wurde. Dann wurde die Luft etwas wärmer, sie wurde unsanft auf einen harten Metallstuhl gedrückt und die Tür schloss sich wieder. Dann wurde ihr der Sack vom Kopf gezogen. Lena befand sich in einem ungefähr fünf mal fünf Meter großen Raum aus grauen Marmor in dem sich nur ein Steintisch und außer ihrem noch ein anderer Stuhl befand. Auf diesem saß eine Person deren Anblick Lenas Gedanken wie ein Orkan hinwegfegte. Die Frau war eindeutig eine Botin, aber sie hinterließ ein ganz anderen Eindruck als die in ihrer Wohnung. Jener hatte ein dezenter Geruch von Macht angehaftet, diese hingegen stank geradezu danach. Ihre goldfarbenen Augen hielten ihren Blick gefangen, dann sprach sie mit vollkommener Stimme:
"Mein Name ist Karvea, Lena Gaarat. Ich will von dir zunächst nichts weiter erfahren als den Namen deines Partners. Allerdings bin ich mir sicher, dass wir unser Gesprächsniveau mit der Zeit steigern werden.”
Lena sah gebannt in die Augen der Frau und antwortete dann langsam.
"Er heißt Daniel Schäfer.”
Karvea lachte. Nicht höhnisch, mitleidig oder gehässig sie lachte ohne jede Aussage. Es war ein glockenheller Klang, der alles und nichts aussagte. Dann sprach sie weiter, ihr Tonfall hatte sich nicht annähernd gewandelt.
"Entweder hat er dir seinen wahren Namen nicht gesagt oder du begehst die Sünde der Lüge. Du musstet entweder für deine Naivität oder deinen Frevel bestraft werden. Also ist es keine richtige Entscheidung.”
Sie streckte ihre Hand nach Lenas Hand aus, die flach auf dem Tisch lag. Ihr rechter Zeigefinger fuhr langsam und bedächtig über den kleinen Finger ihres Gegenübers. Es war ein komisches Gefühl, da ihre Haut zum ersten Schneeweiß und zum zweiten absolut eben war. Dann übte sie ein Stück winzigen Druckes aus.
Lenas Finger platzte.
Er explodierte nicht komplett, aber das Fleisch und die Haut wurden weggesprengt und verteilten sich samt einer nicht unerheblichen Menge an Blut im Raum. Lena starrte zitternd auf den freiliegenden Knochen um den sich Sehnen und Muskelpolster rankten. Noch spürte sie nichts, der Schock war viel zu groß. Einen kurzen Moment jedoch raste eine gigantische Welle des Schmerzes durch ihren Kopf. Sie riss den Kopf in den Nacken und schrie, wie sie noch nie in ihrem Leben geschrieen hatte. Sie wusste nicht wie lange sie schrie, der Schmerz hatte jegliches andere Gefühl verdrängt und sich die primäre Stellung in ihren Empfindungen gesichert. Irgendwann jedoch keuchte sie nur noch und hatte keine Kraft mehr zum Schreien. Der vernichtende Schmerzimpuls hatte nachgelassen, jetzt fühlte sie nur noch ein extrem heißes Brennen in ihrem Finger, ungefähr so als wäre dieser mit brennendem Öl übergossen. Sie wagte es nicht hinzusehen, dadurch würde sie bestätigt bekomme, dass die Botin ihren Finger vernichtet hatte. Sie zitterte am ganzen Körper, als eben Jene noch etwas sagte:
"Ich hab hier zwei Ampullen, deren Inhalt jegliche Verletzung heilt. Dein Finger wäre komplett wiederhergestellt. Auf deinen Wunsch könne wir jetzt eine von ihnen anwenden. Jedoch würde ich die Entscheidung gut abwägen, da unser Gespräch noch sehr lange dauern kann.”
Lena spürte das Feuer in ihrem Finger lodern, welche Erlösung wäre es würde es verschwinden. Andererseits konnte die Frau ihr sicherlich noch ganz andere Dinge antun. Der psychische Druck war immens, möglicherweise sogar die größere Folter als die zugefügten Schmerzen. Eine unglaublich furchtbare Entscheidung.
Karvea lächelte, ihre Augen jedoch zeigten nicht den leisesten Anflug einer Empfindung.
"Wofür entscheidest du dich, Lena?”

Macht korrumpiert niemanden, sie zeigt nur das wahre Gesicht des Menschen
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