Hier ist der Rest der Geschichte
"Halt still!", rief Rebecca und zerrte den Stachel mit einem Ruck aus dem Oberkörper Hartleys heraus.
Der Marine biss die Zähne zusammen und atmete erleichter aus, als der Petty Officer Dritter Klasse ihm sagte, dass er weg sei. Sie zog eine Dose Bioschaum aus ihrem Rucksack und sprühte die Wunde reichhaltig aus.
Steve entfuhr ein kurzer Schrei, als der kalte brennende Schaum in seinem Körper eindrang. Es würde helfen, das wusste er. Aber es tat so beschissen weh!
Mit einem Kreischen zogen wieder dieselben Banshees wie schon zuvor über den Himmel. Rebecca rollte Hartley zur Seite, als die Plasmageschosse in den Boden einschlugen. Das Mädchen lag nun direkt auf ihm. Steve konnte ihr Gesicht nicht sehen, da sie eine schwarze Pilotenbrille trug, die sie als Nachtsichtgerät umfunktioniert hatte.
Am Himmel war ein Krachen zu hören, das beide dazu veranlasste nach oben zu schauen. Viele Hundert Meter über den beschädigten Satellitenschüsseln, in denen ein ganzer Platoon hätte baden können, erschien am Nachthimmel ein Feuerball.
Die Kugel war gigantisch und bewegte sich wie ein Meteor auf die Erde zu. Nun war es an der Zeit den Langstrecken-Scanner zu holen.
Der Master-Chief würde bald auf der Erde landen und wenn Steve nicht mit dem Scanner die genauer Lage und die LZ-Koordinaten ermittelte, dann würde es Stunden, wenn nicht sogar Tage dauern, bis man ihn gefunden hatte.
In so einem Krieg konnte man nicht auf ihn verzichten.
Nochmals sah Hartley zu der Feuerkugel auf, ihr Schein wurde kurz durch die Banshees verdeckt, die durch das Bild sausten.
Einer der drei Marines stieg auf das LAAG-Geschütz des Warthogs und schoss auf die Todesengel am Himmel. Die Feindjäger drehten bei, um sich ihrem neuen Gegner anzunehmen.
Der Marine kam nicht weit. Einer der Brutes schoss seinen Mauler auf den Lichtkegel, den das Geschütz in der Nacht erzeugte.
Stacheln und Streugeschosse durchbohrten den gesamten Oberkörper und das Gesicht des Marines und schleuderte ihn von dem Geschütz wieder hinunter auf den Boden der Tatsachen. Sofort war Rebecca Coney bei ihm.
Wütend schlug sie die Faust in den Dreck, als sie feststellte, dass ihm nicht mehr zu helfen war. "Ihr verdammten Mistkerle!", schrie sie den Brutes entgegen.
Weitere Stacheln regneten durch die kalte Nachtluft und hinter sich konnte Coney einen Schrei hören: "Argh, Becca!" Es war Lee, ohne auf die anrückenden Brutes zu achten, rannte sie zu ihm. Es bot sich ihr ein Anblick des Grauens.
Scott stand an der Außenseite des Bunkers und in einer Reihe steckten die widerlichen Stacheln aus den Gewehren der Brutes in der Wand. Unglücklicherweise war auch der linke Arm von Lee von einem der Stacheln durchschlagen worden und nagelte ihn an der Wand buchstäblich fest.
Sie versuchte vergeblich ihn abzuziehen. Das einzige was sie dadurch erreichte war ein weiterer Aufschrei, des Marines. Im selben Moment trafen dicke leuchtend blaue Plasmaschüsse die Bunkermauer und rissen ganze Betonfetzen heraus.
Coney hechtete näher an Lee heran um ihn vor den Trümmern zu schützen. Sie konnte spüren wie der Gesteine an ihrem und Lees Marine-Helm abprallten. Die Geschosse waren nur wenige Zentimeter von Hüfte und Arm sowie darüber eigeschlagen.
In der linken Hand hielt Lee immer noch sein Kampfgewehr, er schoss und tötete den Schützen, der ihn festgenagelt hatte. Mittlerweile war das letzte Magazin bereits in der Waffe, danach war sie unbrauchbar.
Unaufhörlich auf die abkommenden Brute-Streitkräfte feuernd stand Lee an der Wand und unterdrückte den Schmerz.
Rebecca nahm ihren zweiten Rucksack vom Rücken und suchte nach der schweren medizinischen Ausrüstung. Sekunden später förderte sie einen Winkelschleifer zu Tage.
Sie warf das akkubetriebene Gerät an und blickte in die Augen von Scott Lee. Dieser blickte nicht gerade glücklich auf die Maschine. Ohne weiter zu zögern setzte Rebecca das Gerät an und die Scheibe der Maschine begann durch den Metallstachel zu schneiden.
Lee schrie in die Nacht hinein und Coney bemühte sich die Sache so schnell wie möglich durchzuziehen.
Währenddessen riss Hartley den schwarzen Metallkoffer auf und holte den Langstrecken-Scanner der Firma Trinity Armory heraus. Das Firmenlogo von drei miteinander verbundenen Sechsecken prangte an der Seite.
Es blieb kaum noch Zeit. Der Komet, oder was auch immer dieses Ding da am Himmel war sank immer schneller ab. Schon bald würde er hinter den weiten Grashügeln verschwunden sein, die von hohen Funktürmen und Wäldern gesäumt waren.
Das Gerät erwachte zum Leben und Steve Hartley - er lag noch immer auf dem Rücken - hielt es wie ein Gewehr im Anschlag.
Der ODST kniff ein Auge zu und sah in das Anzeigemodul. Darauf war das Meteorartige Gebilde viel besser zu erkennen, als mit bloßem Auge. Von dem Ding löste sich eine kleinere Feuerkugel. Wie der Ableger einer Pflanze.
Das schwere Gerät war kaum noch unter den Schmerzen zu halten, die Hartley durch seine Wunde spürte. Nur konnte er sich keinen Fehlschlag durch Schwäche erlauben.
Das Gerät zeigte an, dass es die sich bewegenden Objekte am Himmel berechnete. Wenige Augenblicke später leuchtete eine der Anzeigen grün und bestätigte die Vermutung von Privat Hartley nun endlich.
Der kleine Ableger der großen Kugel war der Master-Chief. Das Gerät zeigte ihn deutlich als Sierra 117 an. Das obige Spektakel spielte sich in über zwei Kilometern Höhe ab und nun wurden auch die wahrscheinlichen Eintrittskoordinaten angezeigt.
"Ziel erfasst", sprach Hartley in sein Funkgerät und betätigte einige Schalter an dem Langen Gerät um die Daten zu übermitteln. Welches erfolgreich abgeschlossen wurde.
"Das ist es!", freute sich Pilot Prescott wie ein kleines Kind. "Wir haben ihn." Über sich konnte Steve den D77-TC Pelican sehen, wie er beschleunigte und die übertragenen Koordinaten ansteuerte. Ein Letztes Mal noch hörte Hartley die Stimme von Oskar 6. "Fallt zurück! Fallt zurück!"
Es wurde auf dem Gefechtskanal ausgesprochen, sodass jeder Marine es hören konnte.
Ein letztes Mal noch schossen die vorderen Marines auf die Brutes. Einer von ihnen wich in Richtung Bunker zurück. "Zurückfallen", schrie er und winkte die Marines zu sich. "Los, los, zieht euch zurück!"
Ein allerletztes Mal kreischten die Banshees über das Gelände und versuchten ihr Glück. Das Flakgeschütz traf den noch rufenden Marine und schleuderte ihn über die Haube des Warthogs. Für ihn kam der Rückzugsbefehl zu spät.
Endlich war nun auch der Winkelschleifer durch den Metallstachel durchgedrungen und Lee fiel erschöpft in Rebeccas Arme. Hinter ihnen drehte sich Hartley noch einmal nach Tim Rymann um. Seine Hand presste er auf die Wunde und suchte in der Dunkelheit nach seinem Freund.
Beim besten Willen konnte er nichts erkennen, außer das Phantom, das soeben über den Stacheldraht gesäumten Bunker schwebte.
Also tat er das einzig Richtige. Er hoffte, dass Rymann schon im Bunker war und trat schließlich in den Korridor, der Sicherheit versprach. Ihm dicht auf den Fersen waren Coney, die Lee beim Gehen half.
Als letztes trat einer der Marines in den Bunkereingang. Nicht wie die anderen lief er den Gang entlang, sondern drehte sich an der Pforte noch einmal um.
Der Marine ging in die Knie und schulterte einen SSM-Raketenwerfer. Auch wenn es stockfinster draußen war und die Sonne erst in ein paar Stunden über den Horizont klettern würde, konnte der Marine den anstürmenden Brute-Häuptling sehen, wie die Bestie seinen Hammer schwang.
Das Monster war kurz vor dem Warthog und seine Rüstung funkelte im Licht, welches der Phantom erzeugte.
Langsam zielend feuerte der Marine seine 102mm-Rakete ab und sah erfreut wie der Brute zu spät reagierte. Das dreckige Biest hatte zum letzten Mal Menschen getötet, als es in Millionen Fetzen zersprengt wurde.
Die Klappen des Phantoms öffneten sich und aus ihnen sowie aus dem Gravitationslift stürmten neue Truppen.
Unachtsam ließ der Mann die Bazooka fallen und bediente ein Kontrollfeld links von der Tür. Zischend schoben die beiden Hälften zusammen und im langen Gang des Bunkers wurde es noch dunkler, als es draußen in der Nacht war.
Ihr Kampf war beendet. Aber der Krieg, der in Ostafrika und in den Weiten der Galaxis wütete war noch längst nicht vorbei.
Er hatte eben erst richtig begonnen.